«Ersetzen kann die Maschine den Bauern nicht»
Science-Fiction hat die Swiss Future Farm SFF in Tänikon (TG) nicht zu bieten, auch wenn hier neue smarte Technologien erprobt werden. «Was wir einsetzen, ist praxisnah und kommerziell verfügbar», sagt Florian Bachmann, der für den Arenenberg bei der SFF arbeitet. Roman Gambirasio, als Vertreter der GVS Agrar AG in der SFF verantwortlich für die Technik, ergänzt: «Wir sind der alltäglichen Landwirtschaft technisch etwa fünf bis sieben Jahre voraus.»
- Isabelle Bühler
Tatsächlich ist «smart farming» auf vielen Höfen gegenwärtig, sei es bei Programmen für die Betriebsführung oder als Melkroboter im Stall. «Im Ackerbau – und das machen wir auf der Swiss Future Farm – ist es schwieriger», sagt Gambirasio. «Hier spielen Umwelteinflüsse eine grosse Rolle. Ans Wetter etwa können wir uns nur anpassen. Bei Wasserversorgung und Bodenbeschaffenheit können wir mit Bewässerungen oder Düngung eingreifen. Macht ein Landwirt in diesen Bereichen alles richtig, hat er 90 bis 95 Prozent des möglichen Ertrages. Die letzten Prozente können dann noch mit Technologie herausgeholt werden.» Hier laute die Frage, ob sich die Anschaffung lohne. Gambirasio rechnet vor: «Auf 2000 Hektaren kann ich ein paar Tausend Franken Dünger einsparen. Auf einem durchschnittlichen 20-Hektar-Betrieb in der Schweiz sind es vielleicht 200 – dies bei Investitionskosten von mehreren zehntausend Franken.» Ökonomisch rechnet es sich also nicht. Ökologisch sieht es anders aus, wie Bachmann sagt. «Effizienter ausgebrachter oder allenfalls sogar eingesparter Dünger oder eine Herbizidreduktion um 50 bis 90 Prozent kommen der Natur zugute. Aber diese Vorteile müssten auch in Wert gesetzt werden können.»
Teilflächenspezifische Düngung
Wie Düngemittel mittels smarter Technologie reduziert werden können, zeigt zum Beispiel das Projekt «Smart-N». Grundlage sind Satellitenbilder, anhand derer ein Produktionspotenzial und ein Vegetationsindex berechnet wird. «Wir sehen auf den Fotos, wie der Versorgungszustand der Pflanze ist. Je besser sie mit Stickstoff versorgt ist, desto kräftiger das Grün», sagt Bachmann. «Dabei zeigt sich, dass Pflanzen nicht überall gleich gut wachsen, weil der Boden nicht überall dasselbe Potenzial hat. Mit diesem Wissen können wir gezielter düngen.» Dies geschieht mit einem mit GPS ausgerüsteten Traktor, der erkennt, wo auf dem Feld er ist, und der mittels einer Karte, die auf dem Satellitenbild basiert, gezielt düngt. «Die Entscheidung, wo wie viel und wann, fällt aber der Landwirt. Ersetzen kann die Maschine den Bauern nicht.»
Zwischenresultat nach drei Jahren: «Der Stickstoffüberschuss konnte um rund 20 Prozent reduziert werden im Vergleich zu einer gewöhnlichen Düngung.» Je nach Jahr und Feld kann sogar etwas Dünger gespart werden. «In Geld zahlt sich das bei unseren kleinen Betrieben aber nicht aus.» Zudem setzen äussere Faktoren der Technik oft Grenzen. So gibt es an bewölkten Tagen keine Satellitenbilder und selbst wenn der Zeitpunkt optimal wäre – ist es zu nass, ist der Boden nicht befahrbar, ist es zu trocken, fehlt das Wasser, das den Dünger zur Pflanze bringt.
Reduzierte Bodenbearbeitung
Um Herbizide einzusparen, erprobt die Swiss Future Farm die «reduzierte Bodenbearbeitung», wie Roman Gambirasio sagt. Anstatt Getreide klassischerweise ganzflächig mit einem Reihenabstand von 15 Zentimetern zu säen, wird es alle 50 Zentimeter in einer Doppelreihe ausgebracht, die Zwischenräume liegen brach. «Nur dort, wo wir säen, bearbeiten wir den Boden und spritzen Herbizide. Zwischen den Reihen wird Unkraut mechanisch entfernt. Das schont den Boden und spart bis zu 50 Prozent Herbizide ein.»
Doch auch hier spielen äussere Einflüsse mit. «2024 war die mechanische Unkrautvernichtung schwierig, weil es so nass war. Wird aber das Unkraut nicht mechanisch entfernt, bekommt es auch Spritzmittel ab. Allerdings zu wenig, dass es abstirbt. Das ist gefährlich, denn es können sich Resistenzen bilden», sagt Roman Gambirasio. Ausserdem ist die Bodenbearbeitung bei dieser Methode je nach Boden schwieriger – die Versuche gehen weiter.
Laser, Drohnen & Co.
Ein bisschen Science-Fiction-Feeling kommt dann zum Schluss doch noch auf, als Gambirasio und Bachmann ins Erzählen kommen: Drohnen fliegen bereits über Felder, etwa um Schneckenkörner auszustreuen. Andere Einsatzgebiete werden noch erprobt. «Und Laser werden genutzt, um Unkraut zu verbrennen», sagt Bachmann. Das geht aber nur, wenn die Pflanzen noch sehr klein sind: «Es braucht also Kameras, die sie zweifelsfrei identifizieren, was schwierig ist, denn am Anfang sehen alle ähnlich aus.» Sobald die Pflanzen zu gross sind, braucht der Laser viel zu lange – «dann bist du schneller, wenn du sie von Hand auszupfst».
Was bei Pflanzen funktioniert, ist bei Insekten schwierig. Hier sieht Gambirasio das Potenzial eher im Monitoring. «Misst ein Sensor die relevanten Parameter wie Feuchtigkeit, Temperatur Sonnenscheindauer und so weiter, könnte man voraussagen, wann welcher Schädling auftreten wird, und prophylaktisch eingreifen. Von solchen Technologien sind wir aber noch mindestens 20 Jahre entfernt. Bei Pilzkrankheiten sind entsprechende Prognosemodelle jedoch schon deutlich weiter.»
Von BETTINA EPPER, Redaktionsleitern Pro Natura Magazin
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Dieser Artikel wurde im Pro Natura Magazin publiziert.
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