Wenn die Natur die Stadt zurückerobert
«Sind Flächen zur Förderung der Biodiversität in der Stadt gut verteilt und zahlreich vorhanden, können sie sehr positiv wirken, selbst wenn sie klein sind», sagt Stéphanie Chouleur, Geschäftsführerin von Pro Natura Freiburg und Leiterin des Projekts «Aufwertung der Freiflächen im Siedlungsraum».
- Pro Natura Freiburg
In Städten sind viele Biotope und mit ihnen Arten verloren gegangen. Qualitativ hochwertige Grünflächen geben Flora und Fauna nun ihren Lebensraum zurück und leisten gleichzeitig unschätzbare Dienste: Die Naturflächen in der Stadt nehmen beispielsweise Regenwasser auf, filtern es und speichern es im Untergrund. Sie reinigen die Luft, binden Kohlendioxid und regulieren die Temperatur. Im Freiburger Stadtteil Pérolles hat Pro Natura Freiburg die Grün- und Freiflächen qualitativ untersucht und Verbesserungsmassnahmen zur Erhöhung der Biodiversität vorgeschlagen. «Die Wahl fiel auf ein jüngeres Quartier, das über viele Flächen mit Aufwertungspotenzial verfügt. Dieses Projekt sollte als Beispiel für andere Stadtteile dienen», sagt Stéphanie Chouleur.
Ein Mitmachprojekt …
Dank der Zusammenarbeit zwischen der Stadt Freiburg, den beiden Vereinen Habiter Pérolles und Fribourg pour le Climat, der Botzet-Schule und Pro Natura Freiburg konnten im Rahmen des Projektes «Biodiversität im Siedlungsraum» ab 2019 erste Massnahmen umgesetzt werden. Unter anderem säten die Beteiligten eine Wildblumenwiese an, pflanzten Sträucher und werteten eine Terrasse im Domino-Park mit Baumstämmen auf. Das partizipative Projekt ermöglichte der Quartierbevölkerung, einen aktiven Beitrag zur Verbesserung ihres Lebensraums zu leisten. Ihre Rückmeldungen sind sehr positiv.
Von 2021 bis Ende 2023 verbreitete Pro Natura Freiburg in der Agglomeration von Freiburg einen Aufruf an private und öffentliche Grundeigentümerinnen und -eigentümer, ihr Land zugunsten der Biodiversität aufzuwerten. Daraufhin konnte die Sektion 35 Privatgrundstücke respektive Einzeleigentümer beraten, ebenso zwei Gemeinden (Givisiez und Corminboeuf), fünf Stockwerkeigentümergemeinschaften und eine Verwaltung. «Zudem haben wir 22 Aufwertungskonzepte für interessierte Eigentümer erarbeitet, die Grundstücke mit grossem Potenzial besitzen», so Chouleur. Sechs Projekte wurden bereits ausgeführt und bei den anderen laufen derzeit Gespräche über eine baldige Realisierung.
… auf Erfolgskurs
Aufgrund des Erfolgs und des Interesses der privaten Eigentümerinnen und Eigentümer hat die Sektion jetzt beschlossen, das Projekt bis ins Jahr 2028 weiterzuführen. Die 13 noch in Diskussion befindlichen Aufwertungskonzepte sollen im Jahr 2025 weiter betreut und möglichst bald konkretisiert werden.
Die Zusammenarbeit mit Privaten hat den Vorteil, dass sich die Massnahmen flexibel und rasch umsetzen lassen. «Und die Vielfalt an Möglichkeiten, die sich aus der grossen Anzahl an Privatgrundstücken ergibt, macht es einfacher, die aufgewerteten Flächen miteinander zu vernetzen», sagt Stéphanie Chouleur. Die privaten Grundeigentümer und -eigentümerinnen erhalten im Gegenzug finanzielle Unterstützung im Umfang von bis zu 50 Prozent der Realisierungskosten. Die Massnahmen zur Förderung der Biodiversität reichen vom Anlegen einer Wildblumenwiese über das Einrichten von Sandlinsen für Wildbienen, die Pflanzung von Hecken aus einheimischen Arten bis hin zur Schaffung von Kleingewässern (Feuchtzonen).
Ab 2026 sollen die Massnahmen in Zusammenarbeit mit Landschaftsgärtnerinnen und -gärtnern umgesetzt werden. Das Projekt wird ausgeschrieben und interessierte Berufsleute können sich bewerben, um «Landschaftsgärtner von Pro Natura Freiburg» zu werden. Die Bewerbung muss ein Umsetzungskonzept für eine oder mehrere der vorgeschlagenen Massnahmen enthalten. Ein mit der Projektbegleitung beauftragter Biologe wird die eingereichten Konzepte beurteilen, um sicherzustellen, dass die Vorhaben den definierten Kriterien der Sektion und den Bedürfnissen der vorkommenden Arten entsprechen. «Die Weiterbildung von Landschaftsgärtnerinnen und -gärtnern im Bereich Biodiversitätsfördermassnahmen ist ein wichtiger Teil unseres Projekts und wir freuen uns, weitere Schritte in diese Richtung zu machen», sagt Stéphanie Chouleur.
Von FLORENCE KUPFERSCHMID-ENDERLIN, redaktionelle Leiterin der französischsprachigen Ausgabe des Pro Natura Magazins
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Dieser Artikel wurde im Pro Natura Magazin publiziert.
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