Junge und erwachsene Gelbbauchunke liegen im Wasser
Amphibien

Grosse Strommasten für kleine Gelbbauchunken

Was für ein schönes Resultat: Das Pilotprojekt im Berner Mittelland mit 10 angelegten Mini-Tümpeln war erfolgreich. Im Sommer 2020 sichteten wir unter Strommasten neben vielen anderen Amphibien auch die seltene Gelbbauchunke. Das Projekt wurde anschliessend auf 6 weitere Regionen in der ganzen Schweiz ausgeweitet.

Hochspannungsleitungen ziehen sich durch ausgeräumte, intensiv genutzte Landschaften und queren auch ökologisch wertvolle Standorte. Wie Perlenketten reihen sich die Masten zum Beispiel entlang der Stromleitungen durch das Gebiet zwischen Saane und Aare, ausgehend vom AKW Mühleberg und dem danebenstehenden Wasserkraftwerk. 

Stromleitungen: Ideale Voraussetzungen für die Vernetzung

Kartenausschnitt Mühleberg – die Strommasten sind als rote Punkte eingezeichnet, die Linien der Stromleitungen zeigen eine spinnennetzartige Figur. Quelle: Bundesamt für Landestopografie, Swissgrid
Das «Spinnennetz» von Stromleitungen mit Masten rund um die Kraftwerke Mühleberg ist für die Vernetzung von Tieren und Pflanzen ideal.

Diese Flächen unter den Strommasten von Hochspannungsleitungen nutzen wir Menschen selten, doch für die Natur können sie enorm wertvoll sein. Alle paar hundert Meter steht eine solche brachliegende Fläche. Wir können sie als Trittsteine nutzen, um den Lebensraum von Tieren und Pflanzen zu vernetzen.

Pro Natura geht mit diesem Projekt neue Wege und wertet die ungenutzten und unterschätzten Flächen mit Kleinstgewässern auf. Die künstlich angelegten Tümpel sind ideal für Unken, Kröten und Molche. 

Projekt Strommasten Kaisten

Erfahren Sie mehr über das Projekt im NANO-Beitrag von SRF.  

Für Gelbbauchunke und Fadenmolch

Im Fokus des Projekts stehen die seltene Gelbbauchunke und der Fadenmolch. Der Gelbbauchunke fehlen oft flache, kleine Laichgewässer, in denen sich das Wasser schnell erwärmt. Wichtig ist auch, dass die Tümpel regelmässig austrocknen. So hat es keinen Platz für Fressfeinde wie Fische und Libellenlarven. Neben idealen Laichgewässern braucht die Gelbbauchunke für den Rest des Jahres Verstecke in Holzhaufen, lockerem Waldboden oder dichter Vegetation. 

Der Fadenmolch ist wenig wählerisch was die Ausstattung des Laichgewässers betrifft: wir finden ihn in kleinen temporären Gewässern wie Waldtümpeln, Wagenspuren, Gräben, Grubengewässern, aber auch in Kleinseen. Trotzdem ist er gefährdet, denn genau solche unscheinbaren Gewässer verschwinden zunehmend aus unserer Landschaft, weil sie einer effizienten Bewirtschaftung im Weg stehen. Da der Fadenmolch nur einige hundert Meter an Land zurücklegt, ist er auf eine gute Vernetzung von Laichgewässern angewiesen. Neue Gewässer werden nur in der Nähe von bestehenden Populationen besiedelt.  

Vernetzung in der Schweiz: der Projektstand 

Das Projekt wird in sechs Regionen im Mittelland weitergeführt. In jeder Region ist der Bau von mehreren Tümpeln und Kleinstrukturen zur Vernetzung innerhalb dieser Region geplant. Zu jedem Teilprojekt gehört eine Erfolgskontrolle in den ersten beiden Jahren nach der Fertigstellung.  

Geplante Projektstandorte auf einer Schweizerkarte Pro Natura
Für die Weiterführung des Projekts haben wir geeignete Mastenstandorte in verschiedenen Regionen im Mittelland gefunden. Pro Region sollen rund 10 Tümpel gebaut werden.
BE: Wimmis-Reutigen

Bau von zehn Tümpeln im Winter 2021/22. Bei Erfolgskontrollen bis 2024 konnte in zwei Gewässern die Zielart Fadenmolch und in einem Gewässer die Zielart Gelbbauchunke nachgewiesen werden. In vier weiteren Gewässern wurden andere Amphibienarten, unter anderem die Erdkröte nachgewiesen.

AG: Kaisten-Oeschgen-Eiken

Im Winter 2023/24 wurden siebzehn Kleingewässer gebaut. Erste Erfolgskontrollen zeigten an vier Standorten bereits die Präsenz der Zielarten und in acht weiteren Gewässern verschiedene andere Amphibie. Darunter seltene Arten wie der Feuersalamander und die Geburtshelferkröte, welche sich ausserdem beide in den Gewässern erfolgreich fortgepflanzt haben. Auch die Ringelnatter wurde bereits gesichtet.

AG: Döttingen-Böttstein-Villigen

Im Jahr 2023 wurden zehn Tümpel gebaut. Bei der ersten Erfolgskontrolle war ein Gewässer durch die Gelbbauchunke besiedelt. Die Unke hat sich in diesem Gewässer bereits erfolgreich fortgepflanzt. In zwei anderen Tümpeln konnten ebenfalls Amphibien nachgewiesen werden. 

GR: Churer Rheintal

Bau von sechzehn Tümpeln im Winter 2022/23. In einem Tümpel wurde bei der ersten Erfolgskontrolle die Gelbbauchunke nachgewiesen. Ein Highlight war der Nachweis, dass der stark gefährdete Kammmolch einen Tümpel als Fortpflanzungsgewässer nutzt. In drei weiteren Tümpeln konnten andere Amphibienarten nachgewiesen werden.

SG: Linthebene

Bau von elf Tümpeln im Winter 2023/24.

VD: Chablais

Im Herbst 2024 lagen die Baubewilligungen für alle 24 Tümpel an zehn Standorten vor. Der Bau erfolgt Anfang 2025.

Vom Strommast-Niemandsland zum Amphibien-Eldorado

BE: Pilotprojekt Mühleberg/Gümmenen/Laupen

Im Kanton Bern im Gebiet Mühleberg/Gümmenen/Laupen legten wir im Winter 2018/2019 zehn kleine Tümpel unter Strommasten an. Eine eingelegte Folie verhindert das rasche Austrocknen. Neben den Tümpeln errichteten wir zusätzlich Kleinstrukturen wie Ast- und Steinhaufen. Auch andere Amphibien und Wildtiere wie zum Beispiel Hermeline profitieren von diesen Strukturen in der Landschaft. 

Einmal im Jahr muss das Wasser der angelegten Tümpel abgelassen werden. Auch das Laub sollte nicht im Tümpel liegen bleiben. Diese Pflegearbeit teilen sich Pro Natura Bern Mittelland mit dem jeweiligen Bewirtschafter der landwirtschaftlichen Flächen. 

Unser Pilotprojekt war ein voller Erfolg: Wir freuen uns sehr, dass wir bereits nach einem Jahr die Gelbbauchunke als Gast begrüssen dürfen. 

Tümpel unter Strommasten Wolfgang Bischoff, naturschutzlösungen
Idylle unter Strommasten: Selbst solche «Mini-Tümpel» sind sehr wertvoll für die Gelbbauchunken.
Tümpel nachher Andrea Haslinger
Tümpel vorher Andrea Haslinger
Der Erfolg des Projekts ist nicht zuletzt von der sorgfältigen Pflege der Tümpel abhängig. Die Tümpel werden einmal pro Jahr abgelassen, gereinigt und die Vegetation darum zurückgeschnitten. © Andrea Haslinger

Mit guter Partnerschaft zum Erfolg 

So viele neue Trittsteine für die Gelbbauchunke, den Fadenmolch und weitere Arten, die auf Gewässer angewiesen sind, könnten nur mit gemeinsamen Engagement entstehen.  Wir danken allen für die Unterstützung des neuen Amphibien-Eldorado.  

Unsere Partnerinnen sind: 

  • Maestri Stiftung 
  • BKW Ökofonds, Stotzer-Kästli Stiftung, Abteilung Naturförderung Kanton Bern, Amt für Wald und Naturgefahren Bern  
  • Abteilung Landschaft und Gewässer Kanton Aargau 
  • Abteilung Natur und Umwelt Kanton Graubünden 
  • Amt für Natur, Jagd und Fischerei Kanton St. Gallen 
  • Swissgrid als Eigentümerin der Strommasten  
  • Beratungsstelle Amphibien karch 
  • die Landeigentümer/-innen und Bewirtschafter  
  • Büro naturschutzlösungen