Stoppt die invasiven gebietsfremden Arten – helfen Sie mit
Die Tier-, Pflanzen- und Pilzwelt in unserem Land ist in ständigem Wandel. Die Verbreitung von Arten verändert sich und passt sich neuen Verhältnissen an. Mit dem weltweiten Handel und der globalen Mobilität transportiert der Mensch vermehrt Arten absichtlich oder unabsichtlich über natürliche Verbreitungsgrenzen hinweg.
Die Mehrheit dieser gebietsfremden Arten hat sich gut in unsere Umwelt integriert (z.B. die Strahlenlose Kamille). Einige wenige verdrängen aber in ihrer neuen Heimat die heimische Tier- und Pflanzenwelt und werden daher als «invasiv» bezeichnet.
Invasive gebietsfremde Arten bedrohen damit unsere biologische Vielfalt. Sie können aber auch Krankheiten einschleppen, sich negativ auf die Gesundheit von Menschen auswirken (Allergien) und Infrastrukturen beschädigen.
Invasive gebietsfremde Pflanzen – darum sind sie heikel
Als Neophyten bezeichnet man jene Pflanzen, die Menschen ab dem 16. Jahrhundert gezielt oder zufällig in fremde Gebiete einführten. Denn nachdem 1492 die europäischen Seefahrer zum amerikanischen Kontinent gelangten, begann eine Zeit, in der sich die Menschen immer häufiger von einem Kontinent auf den anderen bewegten. Diese neuen Lebensräume wären von den Pflanzen auf natürliche Art und Weise nicht besiedelt worden. Von den rund 4000 wildlebenden Pflanzenarten in der Schweiz sind gegen 750 gebietsfremde Pflanzen, sogenannte Neophyten. Von diesen verhalten sich gut 10 % «invasiv». Sie wachsen oft rasend schnell und verbreiten sich äusserst effizient.
Ihre rasche Verbreitung liegt unter anderem daran, dass diesen Arten bei uns natürliche Feinde oder Krankheiten fehlen. So verdrängen die Neophyten die heimische Pflanzenwelt. Dadurch geraten wiederum jene Tierarten in Bedrängnis, die auf einheimische Pflanzen angewiesen sind, unter anderem die Raupen mancher Schmetterlinge. Beispiele für invasive Neophyten sind der Japan-Knöterich, die Kanadische Goldrute, der Sommerflieder und der Kirschlorbeer.
Invasive gebietsfremde Tiere – problematisch für die Artenvielfalt
Von den 430 in der Schweiz vorkommenden gebietsfremden Tierarten, den sogenannten Neozoen, gelten 85 als invasiv (BAFU 2022). Dazu gehören zum Beispiel der Asiatische Marienkäfer oder die Rotwangenschildkröte.
Ein weiteres Beispiel sind amerikanische Krebsarten: Mit dem Aussetzen von drei amerikanischen Krebsarten wurde in Europa auch die Krebspest eingeschleppt. Die einheimischen Krebse sterben an diesem Pilz, während die sich stark verbreitenden invasiven Arten grösstenteils immun sind.
- Matthias Sorg
Rechtliche Grundlagen
Das Umweltschutzgesetz USG legt fest, dass mit allen Arten in der Natur nur so umgegangen werden darf, dass sie die biologische Vielfalt nicht gefährden.
Einige invasive gebietsfremde Pflanzen und Tiere sind gemäss Freisetzungsverordnung verboten. Diese verbotenen Arten sind im Anhang 2 der Verordnung aufgeführt. Für 22 Pflanzen und drei Tiere ist jeglicher Umgang verboten. Sie sind im Anhang 2.1 aufgelistet. Das bedeutet, sie dürfen unter anderem weder verkauft, vermehrt, freigelassen, transportiert noch gelagert werden. Ausgenommen sind Massnahmen zur Bekämpfung. Ein Beispiel dafür sind die Amerikanischen Goldruten. Sie dürfen nicht gepflückt und in einem Blumenstrauss gebunden werden, auch wenn sie sehr dekorative Blüten haben. Eine verbotene Tierart ist die Rotwangen-Schmuckschildkröte. Sie darf bereits seit 2008 nicht mehr verkauft werden. Die Tiere können sehr alt werden. Wer vor dem Verbot eine erworben hat, muss diese bei einer Auffangstation registrieren.
In Anhang 2.2 sind weitere 31 Pflanzen aufgelistet. Für sie gilt das Inverkehrbringungsverbot, das weniger umfassend ist. Es verbietet nur die Abgabe an Dritte, also unter anderem die Einfuhr, den Verkauf, das Verschenken oder Vermieten. Ein Beispiel ist der Kirschlorbeer. Die Kirschlorbeerhecke darf also weiterhin gepflegt und zurückgeschnitten werden.
Nicht alle invasiven gebietsfremden Pflanzen sind in diesen Anhängen aufgeführt. Die Robinie beispielsweise fehlt und darf weiterhin verkauft und angepflanzt werden. Es gilt jedoch bei allen gebietsfremden Arten die Sorgfaltspflicht. Eine Vermehrung in freier Natur sollte verhindert werden. Leider ist das sehr schwierig umzusetzen oder zu kontrollieren. Auch gibt es auf Bundesebene keine gesetzliche Verpflichtung, invasive Pflanzen zu bekämpfen.
Pro Natura empfiehlt, alle gebietsfremden Pflanzen, die negative Auswirkungen auf die Natur haben könnten, aus dem eigenen Garten zu entfernen.
Zur Freisetzungsverordnung mit den im Anhang 2 aufgeführten verbotenen Arten.
Wie erkenne und entferne ich invasive Neophyten?
Fragen Sie sich, ob auch Sie unwissentlich invasive Neophyten beherbergen? Viele Kantone haben übersichtliche Merkblätter herausgegeben, wie Sie für die Biodiversität gefährliche Neophyten erkennen und entfernen.
Ein paar nützliche Merkblätter:
- Praxishilfe Neophyten Thurgau
- Praxishilfe Neophyten Zürich
- Praxishilfe Neophyten Solothurn
- Praxishilfe Neophyten Zentralschweiz
- Praxishilfe Neophyten St. Gallen
Erkennen – Entfernen – Entsorgen – Ersetzen: das Allerwichtigste in Kürze
- Erkennen: Achtung, nur wenige Pflanzen sind invasive Neophyten. Arbeiten Sie mit einer Praxishilfe, um Verwechslungen auszuschliessen. Nicht, dass Sie versehentlich wertvolle, heimische Wildpflanzen entfernen.
- Entfernen: Bitte verzichten Sie gerade im privaten Bereich auf den Einsatz von Pestiziden zur Bekämpfung von Neophyten. Kontaktieren Sie stattdessen unser Ratgeberteam.
- Entsorgen: Die meisten Neophyten dürfen Sie nicht in Ihrem eigenen Garten oder Kompost entsorgen. Beachten Sie die Entsorgungs- und Kompostierungsmöglichkeiten Ihrer Gemeinde.
- Ersetzen: Nun haben Sie Platz für einheimische Pflanzen: Beachten Sie Bodenbeschaffenheit und Lichtverhältnisse. Wählen Sie Pflanzen, die aus der Region stammen und vermeiden Sie Zuchtformen. Mit dem Online-Tool «Einheimisch oder nicht?» von Floretia finden Sie lokale Alternativen: Zur Datenbank
Pro Natura fordert vorbeugende Massnahmen
Wenn sich invasive gebietsfremde Arten in grosser Zahl ausbreiten, wird jede Abhilfe aufwändig und manchmal sogar wirkungslos. Vorbeugen ist deshalb die bessere Lösung.
Zum Beispiel:
- in Gärten und Parks auf einheimische Pflanzen setzen.
- keine Haustiere wie Goldfische, Schildkröten aussetzen.
- keine gebietsfremden Arten importieren. Mit Pflanzen, Samen, Gemüse, Obst und Tieren können Sie unwissentlich Schädlinge einschleppen.
Website zum Problem der importierten Tiere und Pflanzen
Gefährdete Tier- und Pflanzenarten sind durch invasive gebietsfremde Arten zusätzlich bedroht.
Deshalb setzen wir unter anderem folgende Massnahmen um:
- Wir entfernen invasive gebietsfremde Arten in den eigenen Schutzgebieten (z.B. die Kanadische Goldrute in Flachmooren).
- Wir informieren darüber, wie Schäden an der Biodiversität durch invasive gebietsfremde Arten reduziert werden können.
- Wir informieren über Alternativen zu invasiven gebietsfremden Arten im Garten.
- In der politischen Arbeit fordert Pro Natura die rasche und konsequente Umsetzung der Strategie des Bundes zu den invasiven gebietsfremden Arten.
Heimische Wildpflanzen: Schön und wertvoll
Mit der Wahl einheimischer Pflanzen für Ihren Garten fördern Sie die Artenvielfalt. Jede Wildpflanze bietet Nahrung für bestimmte Tierarten und lockt diese an. Je grösser die Pflanzenvielfalt, desto grösser ist auch die Vielfalt an Tieren in Ihrem Garten.
Nicht nur der ökologische Wert einheimischer Pflanzen ist deutlich höher als der von Neophyten. Auch an Farben und Formen übertrumpfen die zahlreichen einheimischen Pflanzen viele Neophyten mit Leichtigkeit. Wir wünschen Ihnen entspannte Stunden in Ihrem bunten Naturgarten!
Bestellen Sie bei uns den reich bebilderten Flyer «Invasive Neophyten im Garten». Auf Wunsch senden wir Ihnen gerne mehrere Exemplare zu. Bitte nehmen Sie mit uns per E-Mail Kontakt auf: @email