19.01.2016

Umgang mit Wölfen normalisieren

Das Bundesamt für Umwelt BAFU hat heute die zwei Konzepte Wolf und Luchs veröffentlicht. Die wichtigste Neuerung ist eine Tabelle zur Einschätzung des Verhaltens von Wölfen, um Abschüsse zu rechtfertigen. Pro Natura und der WWF Schweiz kritisieren den übertriebenen Fokus auf Gefährlichkeit und Schäden. Zielführender wären mehr Information und konsequente Konfliktvermeidung.

Es ist richtig, dass sich Behörden mit den Risiken im Umgang mit Wildtieren auseinandersetzen. Das heute vom BAFU präsentierte Konzept Wolf fokussiert jedoch einseitig auf mögliche Gefahren und kaum auf eine konfliktarme Nachbarschaft mit dem Wolf. Das BAFU offenbart mit der neuen Einschätztabelle zum Verhalten von Wölfen eine problemorientierte Grundhaltung. «Das Konzept Wolf bewirkt, dass natürliches Wolfsverhalten unnötig und vorschnell als «gefährlich» interpretiert wird», sagt Gabor von Bethlenfalvy, Grossraubtier-Verantwortlicher des WWF Schweiz. Das erschwert einen sachbezogenen Umgang mit dem Wolf. Zu stark wird immer noch auf Abschüsse gesetzt, um vermeintliche Probleme zu lösen. Dies haben die kürzlich erteilten Abschussbewilligungen der Kantone St. Gallen und Graubünden, welche auf der Einschätztabelle basieren, bereits gezeigt.

Zentrale Elemente werden im Konzept vernachlässigt. Dazu gehört zum Beispiel ein klarer Qualitätsanspruch an die Protokollierung von Wolf-Mensch-Begegnungen, um solche Ereignisse seriös nachvollziehen und vergleichen zu können. Ebenso wird ungenügend auf die Beseitigung von Futterquellen in Siedlungen und deren Nähe eingegangen. Es ist zynisch, Wölfen verlorene Scheu vorzuwerfen, wenn sie mit Siedlungs- oder Schlachtabfällen angelockt werden.

Das Gefahrenpotenzial des Wolfs für den Menschen wird mit der vom BAFU vorgelegten Einschätztabelle übertrieben. In der Schweiz gab und gibt es keine Anzeichen für aggressives Verhalten. «Es gibt keinen Grund, das bei den Schweizer Wölfen beobachtete Verhalten zu dramatisieren. Dieses ist vielleicht in einzelnen Fällen unerwünscht, aber nicht gefährlich», sagt Mirjam Ballmer, Grossraubtier-Verantwortliche bei Pro Natura.


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Wölfe und Luchse: gut für Wald und Wild
Die revidierten Konzepte Wolf und Luchs sind aus Sicht von Pro Natura und WWF Schweiz weiterhin von einem veralteten Schadensgedanken geprägt. Luchs und Wolf sind als rückkehrende, einheimische Beutegreifer eine wichtige Bereicherung der Natur. Wölfe sind beispielsweise wertvolle Gesundheitspolizisten für den Wildbestand. Forstfachleute unterstreichen auch den positiven Einfluss von Wolf und Luchs auf die nötige Waldverjüngung. «Diesen erwünschten und positiven Aspekten tragen sowohl das Luchs- als auch das Wolfskonzept zu wenig Rechnung», bedauert Mirjam Ballmer, Pro Natura Grossraubtier-Verantwortliche.

Weitere Auskünfte:

  • Mirjam Ballmer, Pro Natura, Projektleiterin Naturschutzpolitik, 079 416 65 94, @email
  • Gabor von Bethlenfalvy, Grossraubtier-Experte WWF Schweiz, 076 552 18 09, gabor.vonbethlenfalvy@wwf