Fachtagung «Drainagen»: Gesucht - Lösungen für die «Schweizer Unterwelt»
Seit Jahrhunderten wird Landwirtschaftsland durch Trockenlegungen so genannt «melioriert», also «verbessert». Meliorationen wurden in der Schweiz seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert systematisch durchgeführt und wurden während dem Zweiten Weltkrieg besonders stark gefördert – Stichwort Anbauschlacht. Mit vernichtenden Folgen für die Artenvielfalt, die in den ehemals feuchten Gebieten vorkam.
Heute wissen wir: Dieses Netz von Drainagen ist wohl der direkteste Eintragungsweg für Pestizide und andere Chemikalien sowie Nährstoffe in unsere Gewässer. Zudem begünstigen Drainagen indirekt den Klimawandel und schädigen die Biodiversität empfindlich.
Ausweg aus der Sackgasse?
Inzwischen sind diese Drainagen vielerorts in die Jahre gekommen und müssten kostspielig saniert werden. Es ist darum ein idealer Zeitpunkt, um grundsätzliche Fragen zu diskutieren. Pro Natura stellte diese heute an ihrer Drainagen-Fachtagung in den Raum:
- Wie kann verhindert werden, dass über das Drainagenetz Pestizide und andere Stoffe direkt in unsere Bäche gelangen?
- Entspricht das Drainagesystem noch den heutigen Anforderungen von Ökologie und Landwirtschaft?
- Lohnt sich die Investition von Hunderten von Millionen Franken in eine vor Jahrzehnten angelegte Infrastruktur?
Für Urs Leugger-Eggimann, Zentralsekretär von Pro Natura, ist klar: «Es ist alles andere als ‚naturgegeben’, dass das Schweizer Landwirtschaftsland systematisch entwässert werden muss. Es braucht an gewissen Orten den Verzicht auf Entwässerung, um den Verlust der natürlichen Artenvielfalt bremsen zu können.» Deutlich wurde der Geschäftsführer von Pro Natura beim Thema Pestizide: «In Deutschland ist es verboten, auf drainierten Flächen gewisse Pestizide einzusetzen. Ein solches Verbot braucht es auch für die Schweiz.»
Jacques Bourgeois, Direktor des Schweizer Bauernverbandes betonte:«Die drainierten Flächen sind entscheidend für Nutzung unserer Landwirtschaftszonen. Sie tragen substanziell zur Ernährungssicherheit der Schweizer Bevölkerung bei. Wenn man drainierte Flächen aufgibt, wird man abhängiger vom Ausland, um die Nahrungsbedürfnisse zu decken. Das geht gegen unsere Ernährungssicherheit, die vor allem durch einheimische Produktion gewährleistet werden muss.»
Christian Hofer, Vize-Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) argumentierte: «Drainagen sind wichtig für eine produzierende Landwirtschaft in der Schweiz. Knapper Boden und knappe Ressourcen machen eine gute Integration über die verschiedenen Interessen nötig – mit der landwirtschaftlichen Planung steht ein Instrument dafür bereit.»
Franziska Schwarz, Vize-Direktorin des Bundesamtes für Umwelt (BAFU): «Man sollte sich gut überlegen, wo man die Drainagen noch braucht und wo nicht. Denn der massive Verlust von Feuchtgebieten, in der Vergangenheit und heute, ist ein Riesenproblem.»
Hintergrundinformationen
Auskünfte
- Roland Schuler, Pro Natura Medienverantwortlicher, Tel. 079 826 69 47, @email