Dunkler ist mehr und kostet weniger
Mit der Umstellung auf eine LED-Beleuchtung lässt sich die Lichtverschmutzung stark verringern. LED-Lampen stören den Rhythmus von Vögeln, Insekten und insektenjagenden Fledermäusen weniger stark, vor allem wenn die Lampen einen hohen Orange-Rot-Anteil haben. Zusätzlich geschont werden nachtaktive Tiere, sobald die Lichtstärke – wenn auch nur zeitweise – auf 30 bis 40 Prozent gedimmt wird. LED-Leuchten verbrauchen auch deutlich weniger Strom.
Deutlich tiefere Stromkosten
Die 1500-Seelen-Gemeinde Trubschachen (BE) im Emmental hat ihre gesamte Strassenbeleuchtung bereits 2017 auf LED umgestellt. «Seither spart die Gemeinde fast 12'000 Franken Stromkosten pro Jahr», erklärt Theo Rüegger, Finanzverwalter. Die Investitionen von 80’000 Franken für die neue Beleuchtung werden deshalb relativ schnell amortisiert. Im Gegensatz zur Kantonsstrasse, wo stärkeres Licht nötig ist, betrug die Einsparung an kleinen Gemeindestrassen teilweise über 90 Prozent.
In jede Lampe wurde eine intelligente Steuerung eingebaut: Das Licht brennt nur, wenn jemand auf der Strasse ist, und nur so stark wie unbedingt nötig. Dank der intelligenten Steuerung werden die Lampen weniger warm; ihre Lebensdauer verlängert sich. Für die Gemeinde waren sowohl ökologische wie auch ökonomische Aspekte wichtig, wie Rüegger ausführt. Er hofft im Interesse der Umwelt und der Steuerzahler auf viele Nachahmer.
Lichtstärke auf 20 Prozent gesenkt
Ein fortschrittliches Beleuchtungskonzept pflegt auch die Zürcher Gemeinde Langnau am Albis. Die Quartier- und Nebenstrassen sind mit Radarmeldern, die Gehwege mit Bewegungsmeldern ausgerüstet. So kann die Lichtstärke auf 20 Prozent gesenkt werden. Kommt ein Fahrzeug oder ein Fussgänger, schaltet die Beleuchtung auf 100 Prozent; nach zwei Minuten wird sie wieder reduziert. Von ein bis fünf Uhr morgens geniessen die 7500 Einwohner eine dunkle Nacht: Alle Strassenlampen bleiben abgeschaltet.
300 Personen wohnen in Le Cerneux-Péquignot (NE) bei Le Locle. Seit 2011 wird die Beleuchtung zwischen 22 und 24 Uhr reduziert, danach wird es bis sechs Uhr morgens ganz dunkel. 51 Haushalte stimmten in einer konsultativen Abstimmung für die Abschaltung, nur sieben waren dagegen. 2015 ist die kleine Gemeinde auf LED umgestiegen. «Die Nacht ist etwas Wunderschönes – was man allerdings nur erkennt, wenn man das Licht ausschaltet», erklärt der frühere Gemeindepräsident Laurent Isch. «Wir leben jetzt viel mehr mit der Natur als vorher. Man hört und erlebt die Tierwelt nun intensiver; für die Biodiversität ist es ein grosser Gewinn.»
Seltene Alpensegler im Dunkeln
Auch Luzern, oft «Leuchtenstadt» genannt, tut etwas gegen Lichtverschmutzung. Mit dem «Plan Lumière» strahlt das Licht nicht mehr in alle Himmelsrichtungen, sondern sanft und atmosphärisch. 25 Sehenswürdigkeiten und Gebäude werden diskreter beleuchtet, aber auch Plätze, Gassen, See- und Flussufer. Beleuchtungsmethoden, Montagehöhe und Lichtfarben werden individuell abgestimmt, Brutplätze für seltene Alpensegler nicht mehr angestrahlt. «Das ist ein tolles Beispiel, wie sich Stadtgestaltung, Energieeffizienz und Naturschutz zusammenführen lassen», sagt Stadtrat Adrian Borgula (Grüne).
Passiver Bundesrat
Wirklich griffige Vorschriften gegen Lichtverschmutzung kennt die Schweiz nicht. Im Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG) sind Eingriffe in das heimatliche Erscheinungsbild geregelt – vor allem, wenn es Objekte von nationaler Bedeutung sind. Lichtemissionen sind aber im NHG ebenso wenig explizit erwähnt wie im Umweltschutzgesetz (USG).
Die Nationalrätinnen Tiana Angelina Moser (GLP, ZH) und Maya Graf (Grüne, BL) haben dies bereits vor zehn Jahren festgestellt. Per Postulat forderte Maya Graf im Jahr 2008 Massnahmen gegen die Lichtverschmutzung, 2009 doppelte Tiana Angelina Moser mit einem ähnlichen Vorstoss nach. Der Bundesrat schrieb 2009 in seiner Antwort, er habe den Handlungsbedarf erkannt und lasse einen Bericht erstellen. Dieser erschien 2018 (!) und kam zum Schluss, dass die geltenden Bestimmungen genügen. Der Bundesrat verweist auf Empfehlungen des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) und überlässt es den Kantonen, etwas zu unternehmen.
Die meisten Kantone beschränken sich allerdings wiederum darauf, nur Empfehlungen abzugeben. Einen Schritt weiter geht der Kanton Jura: Mitte Februar 2019 wurde die öffentliche Beleuchtung an drei Kreuzungen an Hauptverkehrsachsen auf dem Land vollständig abgeschaltet. Falls der Test bis 2020 positiv verläuft, will der Jura ausserorts alle 300 Kandelaber vom Netz nehmen.
Der erste «Dark Sky Park» der Schweiz?
Im Ausland gibt es zukunftsweisende Projekte: Die International Dark-Sky Association (IDA) zeichnet auf der ganzen Welt Orte und Regionen als Lichtschutzgebiete aus. Die meisten der 66 bisherigen «Dark Sky Parks» liegen in den USA, in Europa gibt es erst wenige. In der Schweiz zählen die Region Jungfrau-Aletsch sowie das Gebiet des gescheiterten Nationalparks Adula zu den letzten Gebieten ohne jegliche Lichtverschmutzung. Durch ihre Topografie ist auch die Region Gantrisch grösstenteils von den hellen Städten abgeschirmt.
Der Naturpark Gantrisch möchte diese Chance packen und zum ersten «Dark Sky Park» der Schweiz werden. Die Bewerbung wurde Anfang 2019 bei der IDA eingereicht. Für sein Projekt «Nachtlandschaft Gantrisch» wurde der Naturpark Gantrisch bereits mit dem Beugger-Preis 2018 ausgezeichnet – gemeinsam mit der Gemeinde Fläsch (GR), die eine emissionsreduzierte öffentliche Beleuchtung umsetzt.
Was können wir selber tun?
- Lampen mit präziser Lichtlenkung oder Abschirmungen beleuchten nur, was beleuchtet werden soll. Abstrahlungen in den Himmel sind unerwünscht.
- Mit einer Anpassung der Beleuchtungsstärke vermeiden Sie eine überdimensionierte Lichtstärke
- Eine Zeitschaltuhr schaltet die Beleuchtung zwischen 22 Uhr und 6 Uhr automatisch aus
- Bewegungsmelder zurückhaltend einsetzen: Achten Sie auf eine richtige Einstellung, damit das Licht nicht bei der kleinsten Bewegung (Wind) ein- und ausschaltet
- Entfernen Sie Aussenleuchten, die keinem Sicherheitszweck dienen.
ROLF ZENKLUSEN arbeitet als freischaffender Journalist.
Weiterführende Informationen
Info
Dieser Artikel wurde im Pro Natura Magazin publiziert.
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