Der Generationenwechsel in der Landwirtschaft als ökologische Chance
Wir essen zu viel Fleisch, zu viele Eier, zu viel Zucker und zu viel tierisches Fett. Diese Ernährungsweise schädigt nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Umwelt, denn intensive landwirtschaftliche Produktion zerstört Biodiversität, Boden, Luft und Gewässer schleichend.
Transformation ermöglichen
Noch haben es politische Forderungen nach mehr Ökologie in der Landwirtschaft allerdings schwer. Zu viele Partikularinteressen stehen im Weg. Denken wir zum Beispiel an eine Reduktion der Rindviehbestände zwecks Senkung der zu hohen Ammoniakbelastungen: Der Landwirt kann in der Folge weniger Milch oder Fleisch verkaufen. Es wird weniger Kraftfutter gehandelt, weniger Samendosen werden umgesetzt und weniger Tierarztleistungen nachgefragt. All das löst Widerstand aus, was Massnahmen zum ökologischen Umbau verzögern.
Gesucht sind also Lösungen, die eine Brücke schlagen zwischen diesen kurzfristig nachvollziehbaren Widerständen und der längerfristigen, dringend notwendigen Transformation des Land- und Ernährungssystems. Lösungen, die auch die sozialen und ökonomischen Perspektiven der Bäuerinnen und Bauern berücksichtigen.
Generationenwechsel nutzen
Eine Chance für den ökologischen Umbau bietet der Strukturwandel in der Landwirtschaft, der zusehends beschleunigt. Untersuchungen der Forschungsanstalt Agroscope zeigen, dass in der Schweiz in den nächsten 15 Jahren die Hälfte aller landwirtschaftlichen Betriebsleitenden die Altersgrenze von 65 Jahren erreicht. Da in der Schweiz ab dem Rentenalter die Direktzahlungen wegfallen, übergeben die Landwirtinnen und Landwirte ihre Betriebe in der Regel dann an eine neue Generation oder sie verpachten die Flächen. Ein guter Zeitpunkt also, um einen Hof ökologisch umzubauen. Eigentlich. Doch dafür braucht es passende Rahmenbedingungen.
Bei bisherigen Agrarreformen in der Schweiz wurden Neuerungen jeweils auf ein konkretes Stichdatum hin umgesetzt, beispielsweise per 1. Januar. Das hat vor allem für die Verwaltung Vorteile, da der Vollzug und die Kontrolle von Massnahmen so einfacher werden.
Um ökologische Umbaumassnahmen zu fördern, wäre es allerdings sinnvoll, gewisse Anpassungen nicht auf einen fixen Stichtag, sondern auf die Hofübergabe hin umzusetzen. Das würde für die Landwirtinnen und Landwirte die soziale Absicherung sowie die Planbarkeit verbessern. Denkbar sind etwa neue Prämien für Betriebe, die nach der Übergabe nur noch mit eigenem Futtermittel wirtschaften, oder Direktzahlungen, die daran geknüpft werden, dass die nächste Generation biologisch produziert. Den ökologischen Umbau der Landwirtschaft mit solchen Mitteln anzugehen hat den grossen Vorteil, dass sie dadurch für alle planbar wird. Das hat sehr viele positive Seiten: Die ökologischen Ziele werden endlich erreicht, der Vollzug ist klar geregelt und die Betriebe erhalten eine zukunftsgerichtete Perspektive, indem die Ausrichtung ihrer Produktion einem national und global beobachtbaren Konsumtrend in Richtung gesunde und nachhaltige Ernährung folgt. Kurz: Der Lösungsweg «Ökologischer Umbau via Generationenwechsel» ist individuell und massgeschneidert planbar sowie sozial verträglich umsetzbar.
MARCEL LINER betreut bei Pro Natura die Landwirtschaftspolitik.
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Info
Dieser Artikel wurde im Pro Natura Magazin publiziert.
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