Unser buntes Puzzle für mehr Biodiversität
Es ist der 15. Februar 2021. In einem Notariat in Porrentruy unterzeichnen Jacques Villars und Marc Tourette im Namen von Pro Natura und Pro Natura Jura den Kaufvertrag für einen 33,6 Hektar grossen Wald am Doubs. Dank des Kaufs wird sich in einem grossen Teil dieses Waldes die Natur frei entfalten können.
Dass Pro Natura mit dem Abschluss von Verträgen die Natur fördert, ist nichts Aussergewöhnliches. Fast jede Woche werden für Pro Natura und die Pro Natura Sektionen Verträge über Schenkungen, Landkäufe oder langfristige Schutzverträge abgeschlossen. Ein Kaufvertrag über mehr als 30 Hektar kommt allerdings selten vor und macht deshalb ganz besonders Freude. Zusammen mit anderen vertraglich gesicherten Flächen ist so am Doubs Stück für Stück das Pro Natura Naturschutzgebiet Clairbief entstanden. Es umfasst mittlerweile rund 100 Hektar und erstreckt sich über 3,5 Kilometer dem Doubs entlang.
Zufälle und Strategien
Manche dieser Naturperlen fallen Pro Natura in den Schoss. So erbte Pro Natura Waadt 2014 Wald und Weide von La Cruchaude im Waadtländer Jura. Bei anderen Flächen geht es von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Abschluss eines Vertrages mitunter Jahre. Andere Verträge kommen gar nie zustande. Sei es, weil der Eigentümer Forderungen stellt, die Pro Natura nicht erfüllen will, oder Verträge an einer restriktiven Auslegung des bäuerlichen Bodenrechtes scheitern. Zum Teil kann es auch Jahre dauern, bis ein Projekt umgesetzt werden kann. Bei Fischbach--Göslikon (AG) zum Beispiel hat Pro Natura 2012 Flächen gekauft. Doch auf die Bewilligung zur Wiederherstellung der ehemaligen Reussaue warten wir immer noch.
Als Kaufkriterien stehen die vorhandenen Naturwerte offensichtlich im Vordergrund, es können aber auch andere, oft strategische Faktoren eine Rolle spielen. Als sich etwa die Gelegenheit offenbarte, das Gelände für unser grossartiges Pro Natura Zentrum Champ-Pittet am Neuenburgersee zu erwerben, war es auch ein Kaufkriterium, als Grundbesitzerin auf den damals geplanten Bau der Autobahn A1 durch die Grande Cariçaie Einfluss nehmen zu können. Oder Pro Natura Aargau hatte die Gelegenheit erkannt, als im Raum Zurzach Landwirtschaftsflächen zum Verkauf angeboten wurden. Mit diesen Tauschflächen konnten später die Voraussetzungen geschaffen werden, um die Auenlandschaft beim «Chli Rhy» in Rietheim zu revitalisieren.
Die DNA von Pro Natura
Die Sicherung von Flächen zugunsten der Natur ist der Ursprung und sozusagen die DNA von Pro Natura. Weil in der Schweiz jeder Quadratmeter einen Eigentümer oder eine Eigentümerin hat und diese die Nutzung bestimmen, nutzt Pro Natura seit ihrer Gründung den Erwerb und die vertragliche Sicherung von Grundstücken zur Förderung der Natur. 1909 wurde der Verein als Schweizerischer Bund für Naturschutz gegründet, um Geld für die Sicherung von Flächen für den Schweizerischen National-park im Unterengadin zur Verfügung zu stellen.
Bereits 1910 kaufte Pro Natura selbst eine erste Naturschutzfläche, das 4,4 Hektar grosse Waldgebiet «Buhaul» oberhalb von Ilanz. Es ist damit das erste Pro Natura Naturschutzgebiet. 113 Jahre später hat es immer noch Bestand. Insgesamt besitzt Pro Natura in der Schweiz 6946 Hektar Land, sie ist eine der grössten privaten Grundeigentümerinnen der Schweiz. Jedes unserer rund 170 000 Mitglieder ist damit quasi anteilsmässige Eigentümerin oder Eigentümer von rund 400 Quadratmetern Biodiversität.
0,6 Prozent der Landesfläche
Das Netz der Pro Natura Naturschutzgebiete ist aber noch viel grösser. Momentan umfasst es:
Bei der Mehrheit der Gebiete ist Pro Natura nicht Grundeigentümerin, doch konnte sie Naturflächen durch langfristige Verträge sichern. So etwa auch den faszinierenden Aletschwald; der Vertrag zum Schutz des Waldes mit der Burgergemeinde Ried-Mörel feiert dieses Jahr sein 90-jähriges Bestehen, hoffentlich dauert der Schutz dieses einmaligen Gebietes noch weitere 90 Jahre an.
Oft ist die Sicherung der Fläche durch Eigentum und Verträge nur der erste Schritt zu mehr Natur. Danach definieren unsere Sektionen ein Schutzziel und fördern die Entwicklung der Naturvielfalt mit angepassten Massnahmen. Nicht immer ist das so spektakulär wie in Eglisau (ZH). Anstelle eines früheren Tanklagers blühen dort heute Blumen, quaken Laubfrösche, und ein Bächlein plätschert durch dieses ehemalige Industriegelände dem Rhein zu. Damit bildet dieses Gebiet nun eines von fast 800 bunten Puzzlestücken – unser ganz konkreter Beitrag für mehr Biodiversität in der Schweiz.
URS TESTER leitet bei Pro Natura die Abteilung Biotope und Arten.
Weiterführende Informationen
Info
Dieser Artikel wurde im Pro Natura Magazin publiziert.
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