Apfelbaum am Fluss, im Vordergrund eine blühende Wiese Matthias Sorg
Biodiversitätskrise

Biodiversität – Vielfalt des Lebens nimmt rapide ab

Wir sind auf die Vielfalt von Lebensräumen und Arten angewiesen. Doch die biologische Vielfalt ist stark bedroht und der Klimawandel beschleunigt das Artensterben weiter. Was für die Klimakrise gilt, gilt auch für die Biodiversität: jetzt handeln, bevor es zu spät ist, z.B. mit unserer Biodiversitätsinitiative.

Die Biodiversität ist für unsere Lebensqualität unabdingbar. Ihr verdanken wir unsere Nahrung, sauberes Wasser und Luft, Kleidung, Energie, Baustoffe, Medikamente sowie reizvolle und bewohnbare Landschaften. Eine intakte Biodiversität ist von grösstem Wert für unsere Gesellschaft und Wirtschaft. 

Der Biodiversität in der Schweiz geht es schlecht

Der Zustand der biologischen Vielfalt in der Schweiz ist alarmierend:

  • Ein Drittel aller untersuchten Tier- und Pflanzenarten ist bedroht. 
  • Die Moore haben seit 1900 einen Flächenrückgang von 82% erlitten.
  • Die Trockenwiesen und -Weiden sind im selben Zeitraum um 90% zurückgegangen. 

Um die meisten der über 230 Landschaftstypen der Schweiz steht es ebenfalls schlecht. Der Lebensraum für einheimische Tier- und Pflanzenarten geht dabei nicht nur flächenmässig verloren, auch die Qualität und Vernetzung der Lebensräume nimmt stetig ab.

Gründe für den Verlust der Artenvielfalt

Die Ursachen für den Biodiversitätsschwund sind vielfältig, zum Beispiel:

  • Lebensraumverlust aufgrund des wachsenden Flächenbedarfs für Siedlungen und Infrastrukturen
  • Erhöhte Stickstoffeinträge beeinträchtigen durch Überdüngung die sensiblen Ökosysteme
  • Sinkende Lebensraumqualität z.B. durch den Einsatz von Pestiziden, intensive Landnutzung, Bodenverdichtungen und Erosion
  • Zerstückelung und Zerschneidung von Lebensräumen
  • Invasive gebietsfremde Arten

Klimawandel bedroht Biodiversität zusätzlich

Neben den oben aufgeführten Ursachen bedroht der Klimawandel die Biodiversität zusätzlich. Das veränderte Klima mit höheren Temperaturen, trockeneren Sommern und anderen Niederschlagsverteilungen hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Lebensräume und Arten, welche sich seit Jahrtausenden auf die vorherrschenden Gegebenheiten spezialisiert haben.

Der Klimawandel schreitet in rasantem Tempo voran. Viele Arten können sich aber nicht einfach anpassen. Zudem nimmt der Nutzungskonflikt zwischen Mensch und Natur durch den Klimawandel zu, vor allem in Gebieten, wo Wasser in Zukunft eine knappe Ressource sein wird.

Funktionierende Ökosysteme von elementarer Bedeutung

Das Aussterben von Arten ist unumkehrbar und schafft unkalkulierbare Risiken. Tiere und Pflanzen haben, neben ihrem Eigenwert, eine Funktion im Ökosystem. Funktionierende Ökosysteme sind von elementarer Bedeutung für uns Menschen. Unser Wohlergehen und unsere Lebensqualität hängen unmittelbar von ihrem Zustand ab.

La Tourbiere de la Chaux-des-Breuleux – Hoch- und Übergangsmoor von nationaler Bedeutung Matthias Sorg
Das Naturschutzgebiet Etang de la Gruère schützt die Moorlandschaft. Hier ist die regionale Klimageschichte der letzten 12’000 Jahre gespeichert.

Biodiversitäts- und Klimakrise sind eng miteinander verbunden

Ob Trockenlegung von Mooren in der Schweiz oder Abholzung von Regenwäldern in den Tropen, beides kurbelt die globale Klimaerwärmung an. Dies wiederum hat tiefgreifende Auswirkungen auf die natürlichen Ökosysteme und die Arten. Klima- und Biodiversitätskrise können nur gemeinsam gelöst werden und nur indem rasch gehandelt wird, bevor es zu spät ist. 

Trotz der wissenschaftlich gut dokumentierten Wechselwirkungen zwischen Klima und Biodiversität werden die beiden Krisen weitgehend als unabhängige Phänomene wahrgenommen und auch so behandelt. Massnahmen werden innerhalb einzelner Sektoren erarbeitet und geraten im dümmsten Fall miteinander in Konflikt. 

Die Realität ist aber: «Die Biodiversität unterstützt die Bewältigung der Klimakrise», so die renommierte Schweizer Biodiversitätsforscherin Daniela Pauli, langjährige Geschäftsführerin des Forum Biodiversität Schweiz.

Daniela Pauli über die Zusammenhänge von Biodiversität und Klimawandel

Die Schweiz schneidet im internationalen Vergleich schlecht ab

Der schlechte Zustand der Biodiversität ist verwunderlich, angesichts der zahlreichen Bestimmungen zum Biodiversitätsschutz. Das wichtigste internationale Abkommen, das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt, trat für die Schweiz bereits 1995 in Kraft. 

Daneben existieren verschiedene globale und regionale Abkommen, beispielsweise das Ramsar-Übereinkommen über Feuchtgebiete oder die Berner Konvention zur Erhaltung der europäischen wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer Lebensräume. Der Biodiversitätsschutz wurde zudem in den globalen Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals, SDG) verankert und damit als zentrale Aufgabe für alle Staaten anerkannt.

Trotzdem wird deutlich zu wenig für den Schutz der biologischen Vielfalt getan! Ein Vergleich mit unseren Nachbarländern zeigt, dass die Schweiz die höchste Anzahl an gefährdeten Arten aufweist und europäisches Schlusslicht bei den Schutzgebietsflächen ist.

Einreichung der Doppelinitiative Biodiversität und Landschaft Doppelinitiative
Die zwei Voksinitativen wurden am 8. September 2020 eingereicht.

Pro Natura setzt sich für Biodiversität und Klima ein

Jetzt braucht es wirksame Massnahmen in allen Sektoren, um den Verlust der Biodiversität zu stoppen und die Klimakrise zu bewältigen. Zudem müssen die bestehenden Gesetze und Bestimmung zum Schutz der Biodiversität konsequent umgesetzt werden. Die dafür dringend benötigten finanziellen Mittel müssen von Bund, Kantonen und Gemeinden bereitgestellt werden. Rasches, wirksames Handeln sind gefragt. 

Leider fehlt der politische Wille, die dramatischen Entwicklungen zu stoppen. Deshalb braucht es eine zivilgesellschaftliche und direktdemokratische Offensive, um Gegensteuer zu geben. Dazu hat Pro Natura zusammen mit Birdlife Schweiz, dem Schweizer Heimatschutz und der Stiftung für Landschaftsschutz den Trägerverein «Ja zu mehr Natur, Landschaft und Baukultur» gegründet. Gemeinsam haben wir zwei Volksinitiativen erfolgreich mit je weit über 100'000 Unterschriften eingereicht: 

  • Die Biodiversitätsinitiative fordert mehr Flächen mit einer Bewirtschaftung im Einklang mit der Biodiversität, mehr Schutzgebiete und mehr Gelder für die breitflächige Förderung von Biodiversität.
  • Die Landschaftsinitiative fordert strengere Regeln beim Bauen ausserhalb der Bauzone.

Nur gemeinsam können wir die Biodiversität für uns und zukünftige Generationen erhalten. 

Lesenswerte Berichte und Bestimmungen zur Biodiversität: