Globale Biodiversitätskrise: Die Fakten sind bekannt – jetzt muss auch die Schweiz handeln
Drei Jahre lang haben 150 Expertinnen und Experten aus 50 Ländern das vorhandene Wissen zum Zustand der Biodiversität weltweit zusammengetragen, über 20‘000 Personen wirkten mit. Die Resultate sind erschreckend:
- Mehr Tier- und Pflanzenarten als je zuvor sind heute vom weltweiten Aussterben bedroht. Rund 1 Million von insgesamt 8 Millionen Arten könnten schon in den nächsten Jahrzehnten definitiv von der Erde verschwinden.
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Die globale Biomasse von Wildsäugetieren ist um 82 Prozent zurückgegangen. Die Häufigkeit von Wirbeltieren nimmt seit 1970 rapide ab.
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75% der Lebensräume an Land sind heute durch menschliche Eingriffe stark verändert, 66% der Meeresräume leiden unter kumulativen Einflüssen, über 85% der Feuchtgebiete sind in den letzten 300 Jahren verschwunden.
Klima und Biodiversität – zwei Seiten einer Medaille
Die Ursachen, die der Bericht nochmals akribisch aufzeigt, sind bekannt. Wenn die wichtigsten Treiber – allen voran der Klimawandel, die intensive Landwirtschaft, menschliche Eingriffe in natürliche Lebensräume – nicht sofort mit griffigen Massnahmen angegangen werden, wird sich der Artenverlust noch mehr beschleunigen. Das gilt auch für die Schweiz, wo die Wissenschaft längst die Alarmglocken läutet.
Bericht «Zustand der Biodiversität in der Schweiz 2014»
Bekannt ist zum Glück aber auch, wie der Biodiversitätskrise zu begegnen ist: Ökologische Landwirtschaft, konsequenter Schutz natürlicher Lebensräume, keine weitere Verbauung der Landschaft, Förderung der Suffizienz, Abschaffung biodiversitätsschädigender Anreize. Dabei dienen praktische Massnahmen dem Klimaschutz und der Biodiversität zugleich, etwa der Moorschutz und die humusfördernde Landwirtschaft.
Ein Blick auf die bisherige Politik der Schweiz ist allerdings ernüchternd: Die Verabschiedung eines zahnlosen Aktionsplans zur Biodiversität brauchte viele Jahre, die Agrarpolitik tritt auf der Stelle, die nötige drastische Einschränkung des Pestizideinsatzes kommt nicht voran. Artenschutz und Raumplanung sind unter Dauerbeschuss, die eigentlich geschützten Moore trocknen weiter aus und den Gewässern soll noch die letzte Kilowattstunde Strom abgepresst werden.
Politik braucht Druck
«Hoffen wir, dass die alarmierende Botschaft des IPBES nun endlich auch von den Entscheidungsträgern in der Schweiz gehört wird», sagt Friedrich Wulf, Vertreter von Pro Natura an den Verhandlungen in Paris. Damit dies geschieht, braucht es aber auch den Druck von unten. Pro Natura ruft alle ökologisch verantwortungsbewussten Kräfte auf, diesen Druck zu verstärken: Mit der Unterzeichnung der im März lancierten Doppelinitiative Biodiversität und Landschaft, mit der breiten öffentlichen Sympathie für die hängigen Volksinitiativen zu Pestiziden, Konzernverantwortung, Klima, Massentierhaltung. Pro Natura appelliert an die Schweizer Politik: Bitte anerkennt die Stimme der Wissenschaft – und erkennt die Zeichen der Zeit!