Biodiversitätskrise
Abstriche beim Naturschutz und verschenktes Potenzial bei Solar und Effizienz bringen Mantelerlass in arge Schieflage
Statt das riesige Potenzial für Solaranlagen auf Gebäuden und Parkplätzen sowie im Bereich der Effizienz anzugehen, will der Ständerat Beeinträchtigungen in den wertvollsten Naturgebieten, den Biotopen von nationaler Bedeutung zulassen. Und auch beim Restwasser ist er nicht bereit, die Angriffe vollends einzustellen, sondern macht alles dafür, um auch noch den letzten Tropfen aus unseren Gewässern zu pressen.
Die Kommentare der Umweltallianz zu den einzelnen Beschlüssen:
- Restwasser: Zwar verzichtet der Ständerat auf eine generelle Sistierung der Restwasserbestimmungen. Doch zugleich will er mit einem höchst fragwürdigen Entscheid eine temporäre Absenkung der Restwassermengen durch den Bundesrat auch ausserhalb von Notlagen ermöglichen. Zum Beispiel wenn im Winter zuviel Strom importiert wird, also gar keine Mangellage droht oder besteht.
- Aushöhlung Biotopschutz: Leider greift der Ständerat den Biotopschutz weiterhin an: Er will den wertvollsten Auen das Wasser abgraben, indem er neue Restwasserstrecken sogar in den Biotopen von nat. Bedeutung zulassen will. Diese sind das Herz der Schweizer Natur. Sie müssen unbedingt ungeschmälert für kommende Generationen erhalten bleiben. Der Nationalrat ist nun gefordert, dies zu korrigieren.
- Solarstandard auf Gebäuden: Die Energiewende muss zur bestehenden Wasserkraft auch auf Solar und Effizienz aufbauen. Leider hat der Ständerat den Solarstandard für Neu- und Umbauten aus der Vorlage gestrichen und durch eine zahnlose Vorgabe für sehr grosse neue Gebäude ersetzt. Wir bedauern das, weil ein wirksamer Solarstandard zu einem starken Zubau der Stromproduktion führen würde. Er wäre ein echter Mehrwert für die Umsetzung der Energiewende!
- Solar auf Parkplätzen: Das leicht realisierbare Potenzial von Solar auf Parkplätzen, welches in Baden-Württemberg und Frankreich selbstverständlich genutzt wird, lässt der Ständerat einfach aus. Und dies, obwohl die Strombranche händeringend nach grossen und schnell zu bebauenden Flächen sucht.
- Effizienz: Der Ständerat verweigert die teilweise Ausschöpfung des Effizienzpotenzials, obschon dieses Ziel im letzten Herbst erfolgreich ins Gesetz geschrieben wurde. Schöpfen wir die rund 30 Prozent Einsparpotenzial nicht zumindest teilweise aus, müssen wir viel mehr teuren und oft schmutzigen Winterstrom produzieren oder importieren. Der Nationalrat muss hier an einem wirksamen Effizienzmodell festhalten.
- Eignungsgebiete Solar- und Windenergie: Die kleine Kammer will spezielle “Eignungsgebiete” für Windenergie- und Freiflächensolaranlagen einführen, in denen diese Produktionsanlagen ohne inhaltliche Prüfung als standortgebunden gelten und einen “grundsätzlichen” Vorrang vor Schutzinteressen erhalten sollen. Dieser Vorrang ist sehr problematisch. Einerseits ist er verfassungsrechtlich heikel. Andererseits ist unklar, auf welchen Grundlagen bei der Evaluation solcher Eignungsgebiete das Interesse am Schutz der Biodiversität effektiv berücksichtigt würde.
Kontakt
- Pro Natura: Michael Casanova, Projektleiter Gewässerschutz- und Energiepolitik, @email, +41 61 317 92 29
Weiterführende Informationen
Info
Gemeinsamer Medienkommentar der Umweltallianz
Foto Ständeratssaal © Parlamentsdienste Rob Lewis