Eine Küche mit Verbindung zur Natur
Mitten im Sommer ist es schwierig, Léa Graham ein paar Minuten Zeit abzuringen. Mit ihrem Team steht sie fünf Tage pro Woche am Herd und zaubert Gerichte, die inzwischen in der ganzen Region bekannt sind. «Wenn das Restaurant Mitte März seine Türen öffnet, weiss ich, dass ein paar turbulente Monate vor mir liegen. Aber ich mag diesen anregenden Stress. Ist es zu ruhig, langweile ich mich», sagt die Waadtländerin, die mit 32 Jahren bereits die zweite Saison ihr eigenes Lokal leitet.
Nach den Erfahrungen des ersten Jahres hat Graham die Speisekarte heuer verändert und etwas Neues eingeführt: Jeden Sonntag lädt sie zum Brunch. «Ich möchte dieses Angebot, das es schon in vielen Städten gibt, auch hier etablieren.» Für einen gemütlichen, geselligen Sonntagsbrunch ist sie auch privat zu haben. Eigene Konfitüren und Brotaufstriche herzustellen und originellere Variationen als «die etwas abgedroschene Kombination Lachs und Avocado» aufzutischen, ist für sie eine neue reizvolle Herausforderung.
Geschmack und Ästhetik
Schon als Kind probierte Léa Graham Rezepte aus, liess ihre Schwester kosten, bereitete das Weihnachtsessen zu und sah sich mit ihrem Grossvater Kochsendungen an. Obwohl eigentlich alles – Lust, Talent und familiäre Unterstützung – für den Beruf der Köchin sprach, entschied sie sich zunächst für ein Kunst- und Designstudium. «Nach der Schule fühlte ich mich zu jung für eine Lehre und die harten Arbeitszeiten in der Gastronomie.»
Mit 21 stellte sie die Weichen neu und begann am Genfersee bei einem Küchenchef zu arbeiten. Ihr rasch entdecktes Talent – sie wurde im Wettbewerb der besten Lehrlinge des Kantons Waadt ausgezeichnet – und ihr fröhliches Wesen, gepaart mit einer guten Portion Frechheit, öffneten ihr die Türen zu angesehenen Häusern, wo sie ihre Ausbildung fortsetzte: erst im Hôtel de Ville in Crissier, dann im Restaurant von Anne-Sophie Pic im Beau-Rivage in Lausanne.
- Florence Kupferschmid-Enderlin
Natur und Abwechslung
Von Natur aus neugierig und ständig auf der Suche nach kreativen Lösungen und neuen kulinarischen Kombinationen – ihre Stärke – hat Léa Graham mit einer Freundin das Thema der essbaren Wildpflanzen vertieft. Sie möchte Pflanzen besser bestimmen und in die Küche integrieren können, um ihr vegetarisches Universum zu erweitern. Da Routine sie langweilt, ändert sie die vegetarische Karte des Restaurants jede Woche und macht sich einen Spass daraus, skeptische Gäste zu überzeugen, dass man auch fleischlos gut essen kann. Für alle, die die vegetarische Küche lieben, bietet Léa Graham immer im Frühling ein mehrgängiges Menü aus Wildpflanzen an.
- Pro Natura
Hektik und Konserven
Zwischen März und Oktober folgen sich die Mittagessen in Champ-Pittet Schlag auf Schlag, sodass der Küchenchefin kaum Zeit zur Erholung bleibt. Sie ist fast froh, dass das Zentrum im Winter geschlossen ist, «dann kann ich zur Ruhe kommen, nachdenken und vor allem Konserven und Einmachgläser mit laktofermentiertem Gemüse bereitstellen.» Dann nimmt sie sich auch mehr Zeit für ihre Familie, vor allem für ihre Grossmutter, mit der sie auf Flohmärkten nach Schätzen für ihr Restaurant sucht. In Champ-Pittet gibt es nur spezielle Teller und Tassen. «Ich lege grossen Wert darauf, dem Lokal eine persönliche Note zu verleihen, etwa mit Geschirr, das eine Seele hat, das mir beim Anrichten Freude bereitet und hoffentlich auch den Gästen gefällt.» In Champ-Pittet herrscht bei jeder Mahlzeit eine festliche Stimmung mit wunderbaren Farb- und Geschmacksakzenten, die Léa Graham auch in der zweiten Saison in ihrer einfallsreichen, raffinierten und genussvollen Küche zu setzen weiss. Ihrem konsequenten und engagierten Ansatz stehen noch viele schöne Jahre bevor.
FLORENCE KUPFERSCHMID-ENDERLIN ist redaktionelle Leiterin der französischsprachigen Ausgabe des Pro Natura Magazins.
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Info
Dieser Artikel wurde im Pro Natura Magazin publiziert.
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