Empfängerfläche Mahdgut Wolfgang Bischoff
16.08.2023 Wiesen & Weiden

«Regio Flora»: Direktbegrünung fördert die regionale Artenvielfalt

Auch 10 Jahre nach dem Projektstart setzt sich das Pro Natura Projekt «Regio Flora» für den Erhalt und die Förderung der lokalen Artenvielfalt von Wiesen und Weiden ein. Es ist erfreulich, dass regionales Saatgut immer bekannter wird und vermehrt gewonnen und eingesetzt wird. Ebenso freut uns, dass seit Anfang 2023 das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) die Aufgabe für mindestens vier Jahre mit der Finanzierung einer Geschäftsstelle weiter vorantreibt.

Jedes Jahr werden in der Schweiz hunderte Hektaren Grünland neu angelegt, etwa auf Biodiversitätsförderflächen in der Landwirtschaft, für Böschungsbegrünungen im Strassenbau oder bei der Umgebungsgestaltung im Siedlungsraum. Meist wird dazu standardisiertes Saatgut verwendet, welches nur selten den regionalen Artenpool und die genetisch angepassten Ökotypen abbildet. Dies führt auf lange Sicht zur Verfälschung der regionaltypischen Pflanzenzusammensetzung und zur Verarmung der genetischen Vielfalt im Grünland. 

Die Alternative: Direktbegrünung 

Mit dem Direktbegrünungsverfahren kann dem entgegengewirkt werden. Bei der Direktbegrünung wird entweder das Mahdgut einer nahegelegenen Spenderfläche auf der zu begrünenden Empfängerfläche ausgebracht, oder das regionale Saatgut wird auf nahegelegenen artenreichen Spenderflächen geerntet und anschliessend zur Ansaat verwendet. Mit beiden Varianten werden lokale Arten besonders effizient gefördert und ihre genetischen Eigenschaften erhalten. 

Seit 10 Jahren unterstützt das von Pro Natura lancierte Projekt «Regio Flora» diese Ansaatverfahren mit verschiedenen Angeboten: 

  • Informationsplattform
  • Spenderflächendatenbank
  • Leitfaden für Praktikerinnen und Praktiker
  • Kurse und Workshops 

So wirkt das Projekt konkret der Verarmung der hiesigen Blumenwiesen entgegen. Mit Erfolg: Die sogenannte Direktbegrünung mit Saatgut aus der Region wird im Alltag von immer mehr Landwirtschaftsbetrieben sowie von Fachleuten aus Naturschutz, Garten- und Strassenbau gewählt. In 18 Kantonen sind inzwischen Spenderflächen für Direktbegrünungen bei «Regio Flora» aufgeschaltet.  

regioflora.ch 

Die Alternative: Direktbegrünung

Saatguternte mit dem Seedharvester. A. Bosshard
Saatguternte mit dem Seedharvester

Zwar gibt es noch skeptische Stimmen gegenüber den Direktbegrünungsverfahren, die Ergebnisse der Erfolgskontrolle im Feld sind aber mehr als vielversprechend: Über fünf Jahre hinweg wurden Flächen, die mit Mahdgutübertragung angelegt wurden, untersucht. Sie erreichten tendenziell eine höhere Artenzahl als die mit dem Standardsaatgut begrünten Flächen.

Das Projekt «Regio Flora» wurde von Pro Natura vor 10 Jahren initiiert und in Zusammenarbeit mit den Partnern Bundesamt für Umwelt BAFU, Bundesamt für Landwirtschaft BLW, AGRIDEA, Info Flora, Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Futterbaues AGFF sowie 15 Kantonen entwickelt. 

 

Ein Projekt mit Zukunft

Verteilung des frisch geernteten Mahdguts der nahegelegenen Spenderfläche auf der Empfängerfläche. A. Bosshard
Verteilung des frisch geernteten Mahdguts der nahegelegenen Spenderfläche auf der Empfängerfläche.

«Die Direktbegrünung ist ein effizientes Verfahren, um artenreiche Wiesen zu fördern und die autochthonen (gebietseigenen) Blumen- und Gräserarten zu erhalten» meint Andrea Lips, Projektleiterin Biotope & Arten bei Pro Natura. In den nächsten Jahren sollen möglichst viele Wiesenansaaten mit regionalem Satgut oder Mahdgutübertragung aufgewertet werden. «Die Verwendung von regionalem Saatgut muss berücksichtigt werden. Bund und Kantone müssen dahingehend verbindliche Vorgaben treffen», so Lips.  

Umso erfreulicher, dass das BLW die Wichtigkeit der Thematik erkannt und als Folge von unserem Projekt «Regio Flora» eine befristete Stelle geschaffen hat. Damit erhält nicht nur die Direktbegrünung mehr Sichtbarkeit, es wurde so auch eine Anlaufstelle errichtet, die die Anliegen der verschiedenen Akteure koordiniert und zusammenbringt. Wir freuen uns auf mehr Ansaaten, Mahdgutübertragungen und dadurch regionale Artenvielfalt im Grünland. 

Weiterführende Informationen

Kontakt

Olivier Magnin
HAFL Zollikofen
Tel.: +41 31 848 64 65
@email