Waldbrände: grössere Herausforderung für uns Menschen als für die Natur
Im Juli 2023 kam es zu einem Waldbrand in Bitsch östlich von Brig. Nicht weit davon entfernt befinden sich unser Pro Natura Zentrum Aletsch sowie das Naturschutzgebiet Aletschwald. Der Brand weitete sich auf rund 100 Hektaren Schutzwald aus. Die Gäste und Mitarbeitenden der Villa Cassel wurden frühzeitig mit anderen Anwohnenden evakuiert. Es gab keine Verletzten. Doch was bedeutet ein solcher Waldbrand für die Natur?
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Vor und während dem Waldbrand: So verhalten sich Tiere und Pflanzen
- Jan Gürke
Waldbrände führen zu abrupten und massiven Veränderungen im Lebensraum. Grössere Tiere wie Hirsche oder Vögel sind mobil und können fliehen. Amphibien und andere kleinere Tiere graben sich im Boden ein oder verstecken sich unter Steinen und in Baumstrünken. Es gibt auch Insektenarten, die das Feuer über mehrere Kilometer entfernt bereits spüren und rechtzeitig fliehen. Andere Kleintiere und Insekten sowie Bäume, Flechten, Moose und Pilze können dem Ereignis jedoch nicht ausweichen.
Nach dem Waldbrand
Der Wald sieht nach dem Brand völlig anders aus. Für viele ein erschreckender Anblick – doch es ist nicht das Ende des Waldes. Untersuchungen, etwa nach dem Waldbrand in Leuk 2003, haben gezeigt, dass die Regenerationskraft des Waldes sehr gross ist. Von der vorübergehend offeneren Fläche und dem kurzfristigen, grossen Nährstoffangebot durch die Asche profitieren viele verschiedene Arten wie bestimmte Moose, Krautpflanzen, Insekten und Vögel. Das entstehende Totholz ist für viele Insekten ein wichtiger Lebensraum. Besonders für die licht- und wärmeliebenden Spezialisten liegen nach einem Feuer optimale Bedingungen vor. Mit der Zeit findet eine natürliche Wiederbewaldung statt. Zuerst spriessen Pionierarten wie beispielsweise Birken oder Weiden.
Schutzfunktion des Waldes gefährdet
Während sich die Natur nach einem Waldbrand rasch erholt, geht die Schutzfunktion, welche der geschlossene Wald wahrgenommen hat, vorübergehend verloren. Der Hang kann instabil werden. Lawinen oder rollende Steine werden nicht mehr von Bäumen aufgehalten – eine grosse Gefahr für Anwohnende und Gäste der Region. Wie sich die Situation nach dem Brand in Bitsch auf das nahe gelegene Pro Natura Zentrum Aletsch und das Pro Natura Schutzgebiet Aletschwald auswirkt, kann zurzeit noch nicht abschliessend gesagt werden.
Hitze, Trockenheit und Waldbrände in der Schweiz
Aufgrund der Klimakrise häufen sich extreme Wetterereignisse. Die zunehmende Sommertrockenheit schafft günstige Bedingungen für Waldbrände. Immer häufiger treten in der Schweiz Hitze und Trockenheit in Kombination auf. Dies hat starke Auswirkungen auf unsere Wälder: An kühlere und feuchtere Bedingungen angepasste Bäume kommen mit der ausgeprägten Trockenheit und Hitze nicht zurecht. Das Wachstum der Bäume wird eingeschränkt, die Bäume werden geschwächt. Sie stürzen dadurch bei Stürmen eher um oder sterben früher ab. Diese Entwicklung ist bereits heute in manchen Wäldern gut sichtbar. Junge Bäume können sich teilweise anpassen und Arten, die Trockenstandorte bevorzugen, können profitieren.
In anderen Regionen der Welt wie beispielsweise in Kalifornien und Südaustralien gibt es feuerabhängige Ökosysteme: Diese Ökosysteme brauchen Feuer, um zu funktionieren. Die dort lebenden Arten haben Anpassungsstrategien für diese extremen Bedingungen entwickelt. Einige Baumarten haben zum Beispiel eine besonders dicke Borke oder sie zeichnen sich durch eine ausgeprägte Fähigkeit aus, aus Stamm und Wurzeln wieder auszuschlagen. Es gibt auch Pflanzen, die die Hitze des Feuers benötigen, damit sich ihre Zapfen öffnen und die Samen auf der nährstoffreichen Asche keimen können. Wälder in der Schweiz sind dagegen nur bedingt an Waldbrände angepasst. Die Auswirkungen eines Brandes auf die Natur in der Schweiz können nicht direkt mit Waldbränden in den USA und in Australien verglichen werden.
Unser Umgang mit der Gefahr von Waldbränden
Ein Brand ist für den Wald einschneidend und bringt Veränderungen für die Natur mit sich. Doch öfters sind die Folgen für uns Menschen grösser. Alle können dazu beitragen, das Risiko für Waldbrände zu mindern. Der Grossteil der Waldbrände in der Schweiz wird versehentlich von Menschen verursacht. Beachten Sie die Gefahrenmeldungen und Verhaltensempfehlungen des Bundes und der Kantone!
Gefragt ist zudem eine konsequente Umsetzung von klimapolitischen Massnahmen. Nur so können wir langfristig der Zunahme von Trockenheit und extremen Wetterereignissen entgegenwirken.