Symbolbild eintönige Kulturlandschaft © Matthias Sorg © Matthias Sorg
11.07.2024 Biodiversitätskrise

Der Handlungsbedarf für die Biodiversität in der Schweiz und besonders im Kulturland ist gross

Die Trägerschaft der Biodiversitätsinitiative appelliert an alle Beteiligten, eine faktenbasierte Debatte über die Biodiversität zu führen. Dass unsere Lebensgrundlagen zunehmend unter Druck stehen, ist breit abgestützter wissenschaftlicher Konsens. Daran kann auch ein Thesenpapier, das der Schweizer Bauernverband in Auftrag gegeben hat und das die Biodiversitätskrise in Abrede stellt, nichts ändern. Das ist keine enkeltaugliche Politik!

An der Medienkonferenz des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV) wurde ein Thesenpapier eines einzelnen Biologen vorgestellt. Dieses enthält Thesen und Schlussfolgerungen, die einer wissenschaftlichen Betrachtung nicht Stand halten:

Faktencheck

Tatsache ist, dass Wissenschaft, Bundesrat und Verwaltung für die Sicherung der Biodiversität in der Schweiz einen grossen Handlungsbedarf nachweisen und dass dieser Handlungsbedarf im Kulturland besonders gross ist:

Bundesrat, Dezember 2022: «Umwelt Schweiz 2022»
https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/zustand/publikationen-zum-umweltzustand/umwelt-schweiz-2022.html

Seite 84:
«Die Biodiversität steht in der Schweiz unter Druck. Fördermassnahmen zeigen zwar lokal Wirkung, doch die Biodiversität ist weiterhin in einem schlechten Zustand und nimmt weiter ab. Ein Drittel aller Arten und die Hälfte der Lebensraumtypen der Schweiz sind gefährdet. Die punktuellen Erfolge können die Verluste, welche vorwiegend auf mangelnde Fläche, Bodenversiegelung, Zerschneidung, intensive Nutzung sowie Stickstoff- und Pflanzenschutzmitteleinträge zurückzuführen sind, nicht kompensieren. ... Um die Leistungen der Biodiversität zu sichern, ist entschlossenes Handeln dringend notwendig

Seite 85/86
«Auf Landwirtschaftsflächen ist die Biodiversität dagegen in einem sehr schlechten Zustand, insbesondere wegen übermässiger Stickstoffeinträge, des Einsatzes von Pestiziden und des Eliminierens von Gebüschen, Steinhaufen oder anderen Klein- und Randstrukturen.»
«Auch das Sömmerungsgebiet wird in gut erschlossenen Gebieten teilweise intensiver genutzt – zum Nachteil der Biodiversität.»

BAFU, 22.5.2023: Gefährdete Arten und Lebensräume in der Schweiz
https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/biodiversitaet/publikationen-studien/publikationen/gefaehrdete-arten-schweiz.html

«Insgesamt ergibt sich für 47 % der untersuchten Arten in der Schweiz ein Handlungsbedarf für Artenschutz- und Artenförderungsmassnahmen.» (Ausgestorbene und gefährdete Arten 35% plus potenziell gefährdete Arten 12%)
«Die Hauptgründe für die Gefährdung sind die Zerstörung von Lebensräumen, die abnehmende Lebensraumqualität sowie die kleinen Verbreitungsgebiete
«Der Anteil gefährdeter Arten ist im intensiv genutzten Mittelland am höchsten und in den östlichen Zentralalpen am niedrigsten.»

Der Schweizer Bauernverband SBV hat im letzten Jahr gegen den indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative lobbyiert. In der Sommersession 2024 hat sich der SBV gegen die Biodiversitätsförderflächen (BFF) im Ackerbaugebiet eingesetzt, obwohl eine Studie von Agroscope belegt, dass die BFF wichtig wären für die schwer unter Druck geratene Biodiversität im Ackerbau.

Agroscope, 19.4.2021: Zustand der Biodiversität in der Schweizer Agrarlandschaft
https://www.agroscope.admin.ch/agroscope/de/home/aktuell/newsroom/2021/04-19_all-ema.html

«In tieferen Zonen (Tal- und Hügelzone) zeigten – mit Ausnahme der Artenvielfalt der Brutvögel – alle Hauptindikatoren den tiefsten Wert für den Zustand der Arten- und Lebensraumvielfalt. Etwa seit Mitte des 20. Jahrhunderts nahmen die grossen Biodiversitätsverluste in der Agrarlandschaft mit der Intensivierung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung ihren Anfang und sind besonders in den tieferen Zonen weit fortgeschritten

Der Bauernverband spricht von einem Miteinander statt Gegeneinander. Das tun die Naturschutzorganisationen bereits, indem sie mit Bauernfamilien in einigen sehr erfolgreichen Projekten zusammenarbeiten und zusammen viel für die Biodiversität erreichen. Die Biodiversitätsinitiative zielt darauf ab, diese positiven Beispiele von Schutz und Nutzen in der ganzen Schweiz zu fördern. Dies gilt für alle Sektoren.

Das JA zur Biodiversitätsinitiative sichert die Qualität auf bestehenden Flächen und den erforderlichen Schutz unserer Lebensgrundlagen auch für die künftigen Generationen.

Kontakt

  • Pro Natura: Stefan Kunz, Abteilungsleiter Politik & Internationales, @email, 079 631 34 67
  • BirdLife Schweiz: Raffael Ayé, Geschäftsführer, @email, 076 308 66 84
  • Stiftung Landschaftsschutz Schweiz: Franziska Grossenbacher, Stv. Geschäftsleiterin, [email protected], 076 304 43 58
  • Biodiversitätsinitiative: Manuel Herrmann, Medienstelle, [email protected], 078 765 61 16

Biodiversitätsinitiative
Die Schweiz unternimmt zu wenig für den Erhalt unserer Natur und damit unserer Lebensgrundlagen. Darum unterstützt ein breites Bündnis von Organisationen des Natur- und Umweltschutzes, der Landwirtschaft, der Fischerei, der Schweizer Pärke und des Landschaftsschutzes die Biodiversitätsinitiative.

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