Vogelschwarm (Sturnus Vulgaris) in Neuchatel Elenarts108 | iStock
Biodiversitätskrise

Biodiversität in der Schweiz – Fragen und Antworten

Was ist Biodiversität? Was bedeutet der Verlust der Biodiversität für uns Menschen? Und wie hängen die Biodiversitätskrise und die Klimakrise zusammen? Welche Lösungen gibt es? Auf dieser Seite finden Sie Antworten.

Sauberes Trinkwasser, Luft zum Atmen, fruchtbare Böden, bestäubte Pflanzen – all das brauchen wir zum Leben, all das sichert uns die Biodiversität. Wir sind deshalb auf die Vielfalt von Lebensräumen und Arten angewiesen. Die Biodiversität ist unsere Lebensgrundlage. Die biologische Vielfalt um uns herum geht aber stark zurück und ist bedroht.  

Lebensräume werden zerstört und beeinträchtigt. Das ist einer der Hauptgründe für den Verlust der Biodiversität. Zusätzlich beschleunigt der Klimawandel das Artensterben weiter. Was für die Klimakrise gilt, gilt auch für die Biodiversität: jetzt handeln und so den Verlust der Biodiversität stoppen! Für uns und die kommenden Generationen. 

Trockener Boden yuelan | iStock
Fruchtbare Böden, sauberes Trinkwasser, Luft zum Atmen, bestäubte Pflanzen – all das brauchen wir zum Leben, all das sichert uns die Biodiversität. Doch die steckt in der Krise.

Was ist Biodiversität? 

Biodiversität steht für die Vielfalt des Lebens. Diese Vielfalt findet auf drei Ebenen statt.    

  1. Die Artenvielfalt beschreibt die Vielfalt der Lebewesen. In der Schweiz sind heute rund 30‘000 Tier- und 19‘000 Pflanzenarten bekannt. Die Fachwelt geht davon aus, dass es noch viele bisher unentdeckte Arten gibt.  

  2. Die Vielfalt der Lebensräume bildet eine weitere Ebene der Biodiversität. Diese Vielfalt ist wichtig, da Lebewesen unterschiedliche Ansprüche an einen Lebensraum haben. Je vielfältiger die Lebensräume, desto mehr Arten können dort leben. Die Schweiz ist aufgrund ihrer Lage und Topografie reich an unterschiedlichen Lebensräumen. Von den Uferlagen des Tieflandes bis zu den Gipfeln des Hochgebirges erstreckt sich eine enorme Vielfalt.  
    Mehr zu unseren Lebensräumen

  3. Vielfalt kann auch innerhalb einer Art bestehen. In diesem Fall spricht man von genetischer Vielfalt. Jedes Lebewesen hat eine eigene, einzigartige Erbsubstanz, die DNA. Dank den winzigen Unterschieden zwischen den Lebewesen können sich Arten an wandelnde Lebensbedingungen anpassen. Mit dem Tempo, mit dem die Klimakrise voranschreitet, können aber viele Arten nicht mithalten. Arten, die sich nicht schnell genug anpassen können, sind vom Aussterben bedroht. 

Was ist die Biodiversitätskrise? 

Die Biodiversitätskrise beschreibt den Verlust der Biodiversität. Mit dem Verlust der Biodiversität sind auch unsere Lebensgrundlagen wie sauberes Trinkwasser, frische Luft oder fruchtbare Böden in Gefahr.  

Wir können die Biodiversität bildlich auch als «Netz des Lebens» sehen, welches eng verwoben ist und alles zusammenhält. Gehen Arten stark zurück oder verschwinden ganz, wird dieses Netz instabil. Dies ist oftmals nicht direkt spür- oder sichtbar. Wem fällt es schon auf, wenn eine einzelne Käferart verschwindet? Und doch: Es beginnt ein Prozess, den wir eines Tages nicht mehr stoppen können. Ein gefährlicher Dominoeffekt entsteht: 

Der Dominoeffekt der Biodiversitätskrise

Tiere, Pflanzen und andere Organismen stehen in enger Beziehung zueinander. Insekten wie Wildbienen bestäuben Blumen. Sterben einzelne Insektenarten aus, werden gewisse Pflanzen nicht mehr bestäubt. Somit geraten auch diese Pflanzenarten in Bedrängnis. Dadurch sind wiederum jene Arten bedroht, die sich von diesen Pflanzen ernähren. Früher oder später erreicht dieser Domino-Effekt den Menschen. Auch er wird vom «Netz des Lebens» nicht mehr gehalten, wenn es einmal ganz zerrissen ist.  

Was sind die Gründe für die Biodiversitätskrise? 

Die Ursachen für den Biodiversitätsschwund sind vielfältig, zum Beispiel: 

  • Verlust und Zerschneidung von Lebensräumen durch Umnutzung, Überbauung, Versiegelung, Zersiedlung und Infrastrukturbau, naturferne Garten- und Grünraumpflege  

  • erhöhte Nährstoff- und Pestizideinträge, Bodenverdichtung durch den Einsatz grosser Maschinen  

  • Vergrösserung und Homogenisierung der Flächennutzung: Flächenzusammenlegung, Beseitigung von Gehölzen, Randstreifen und anderen Strukturen, Verlust der Vielfalt in der Landschaft 

  • Gewässerbegradigung, Kanalisierung und Verbauung für Hochwasserschutz und Wasserkraftgewinnung 

  • Nutzungsaufgabe artenreicher Wiesen, Weiden und Grenzertragsflächen 

Auch die Ausbreitung invasiver nichtheimischer Arten und der Klimawandel tragen zum Verlust der Biodiversität bei. 

Rotklee-Bläuling im Wallis cdbrphotography | iStock
60 % der Insekten sind gefährdet oder potentiell gefährdet.

Welche Lösungen gibt es? 

Die gute Nachricht zuerst: Es gibt eine Fülle bekannter und bewährter Instrumente, mit denen wir der Biodiversitätskrise begegnen können. Wir wissen, wie man begradigte Flüsse und Bäche renaturiert, Moore zu neuem Leben erweckt, Wälder naturfreundlich bewirtschaftet, Parks und Gärten mit hoher Biodiversität anlegt oder wie man einen Landwirtschaftsbetrieb zum Hort der Biodiversität macht. Landauf, landab gibt es faszinierende Erfolgsgeschichten beim Schutz der Biodiversität.  

Es gibt aber auch eine schlechte Nachricht: Die Vielfalt der Natur braucht Raum, die Förderung der Biodiversität braucht Geld. Weder Raum noch Geld werden in der Schweiz ausreichend in die Förderung der Biodiversität investiert. Genau darum stecken wir in einer Biodiversitätskrise!

Fragen und Antworten rund um die Biodiversität

Was sind Ökosystemleistungen?

Die Natur braucht uns Menschen nicht. Aber wir brauchen die Natur. Unser Wohlbefinden hängt direkt von ihr ab. Die Natur ist von unschätzbarem Wert. Unter Ökosystemleistungen verstehen wir die Leistungen, die die Natur täglich für uns erbringt: Natürliche Flüsse reichern das Grundwasser an, Bäume in Städten senken die Hitze im Sommer, Wälder schützen uns vor Naturgefahren. Bodenfruchtbarkeit, Bestäubung und sauberes Wasser sind zentral für die Produktion von Nahrungsmitteln. Schöne Landschaften und Naturerlebnisse stärken unsere seelische Gesundheit.

Wie schlimm ist die Biodiversitätskrise in der Schweiz? 

Der Zustand der biologischen Vielfalt in der Schweiz ist alarmierend: 

  • Ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten in der Schweiz gilt als gefährdet oder als bereits ausgestorben. 

  • 45% der Wildbienenarten in der Schweiz sind ausgestorben oder gefährdet. 

  • Die Moore haben seit 1900 einen Flächenrückgang von 82% erlitten. 

  • Die Trockenwiesen und -Weiden sind im selben Zeitraum um 90% geschrumpft.  

  • 7’594 km2 an artenreichen Lebensräumen (Trockenwiesen, Auen und Moore) gingen seit 1900 verloren. Das entspricht fast einem Fünftel unserer gesamten Landesfläche! 

Um die meisten der über 230 wissenschaftlich definierten Landschaftstypen der Schweiz steht es ebenfalls schlecht. Der Lebensraum für einheimische Tier- und Pflanzenarten geht dabei nicht nur flächenmässig verloren, auch die Qualität und Vernetzung der Lebensräume nimmt stetig ab.  

Die Schweiz hat 1994 die UNO-Biodiversitätskonvention mitunterzeichnet. Sie bekennt sich also seit Langem zur Bekämpfung des akuten Artensterbens und der fortschreitenden Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Leider schafft es die Politik nicht, griffige Massnahmen zu beschliessen, um den Biodiversitätsverlust zu stoppen.

Pro Natura kritisiert die Untätigkeit der Politik und zeigt in einer eigenen Analyse, wie gross der Handlungsbedarf tatsächlich ist. Zum Bericht

Wie hängt die Klimakrise mit der Biodiversitätskrise zusammen? 

Die Folgen des Klimawandels sind eine Gefahr für die Artenvielfalt in der Schweiz. Problematisch ist vor allem die Geschwindigkeit der Veränderung: Mensch und Natur fehlt die nötige Zeit, um sich anzupassen.  

Leider ist es noch immer so, dass die beiden Krisen weitgehend als unabhängige Phänomene wahrgenommen und behandelt werden. Massnahmen werden innerhalb einzelner Sektoren erarbeitet. Das führt zu scheinbaren Zielkonflikten, die politisch ausgeschlachtet werden. Konkret: Windrad oder Naturschutz? Die Antwort kann nur lauten: Beides, und beides am richtigen Ort!  

Wahr ist nämlich: Eine hohe Biodiversität ist unentbehrlich für die Bewältigung der Klimakrise. An einem einfachen Beispiel erklärt: Ein trockengelegtes Moor ist eine Katastrophe für die Biodiversität, weil einzigartige Lebensräume zerstört werden. Doch auch das Klima leidet: Weil sich der trockengelegte Moorboden zersetzt, werden Treibhausgase frei. Das schadet dem Klima. Wird das Moor wieder vernässt und renaturiert, hilft das sowohl dem Klima als auch der Biodiversität. Es ist also wichtig zu verstehen, dass die Klima- und die Biodiversitätskrise nur gemeinsam gelöst werden können und müssen – und zwar schnell. 

Waldstimmung
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