Balkongarten Melanie Konrad
Biodiversitätskrise

Ihr Balkon für die Biodiversität

Möchten Sie Ihren Balkon in ein Mini-Paradies für Biodiversität verwandeln? Mit bunten Wildstauden in Töpfen, Kletterpflanzen oder einer Fassadenbegrünung sowie Nisthilfen bieten Sie Tieren eine Oase im Siedlungsraum. Von einem biodiversen Balkon profitieren auch Sie, denn er bietet Ihnen erholsame Momente und überraschende Naturbeobachtungen direkt vor der Balkontür.

Trotz ihrer grossen Bedeutung gelangt die Siedlungsnatur zunehmend unter Druck. Heimische Arten leiden unter der Zunahme der versiegelten Fläche, der starken Zerschneidung ihrer Kleinstlebensräume, der Banalisierung von Grünflächen und der Konkurrenz durch invasive Neophyten. Angesichts des quantitativen Verlusts von Freiflächen ist es wichtig, die verbleibenden Grünräume in ihrer ökologischen Qualität aufzuwerten und besser miteinander zu vernetzen. Hier besteht viel Potential.  

Mit einer artenreichen Balkonbegrünung können Sie mobilen Tieren Nahrung bieten und einen Trittstein im Siedlungsraum schaffen. Keine Fläche ist zu klein, um Tiere Nahrung und einen Unterschlupf zu bieten. Besonders Vögel, Schmetterlinge, Käfer und Wildbienen profitieren von einem bepflanzten Balkon. Denn die Natur macht nicht Halt an der Siedlungsgrenze. 

Wir zeigen Ihnen Tipps für die Pflanzenauswahl, die Vorbereitung sowie die Pflege Ihres Balkongartens. Zudem finden Sie Anleitungen für einen Miniteich und eine Mini-Sandlinse für Wildbienen. 

Wildblumen wachsen im Holztopf auf einer Terrasse iStock, HeikeKampe

1. Was gehört in einen Balkongarten?

  • Möglichst viele verschiedene einheimische Wildpflanzen. Viele Tierarten sind auf das Vorkommen von einzelnen einheimischen Wildpflanzen angewiesen. Insekten beispielsweise sind hoch spezialisiert, aber auch Vögel sind z.B. auf einheimische Beeren angewiesen. Besorgen Sie sich passende einheimische Setzlinge oder Samen, beispielsweise an einem Wildpflanzenmarkt oder in einer Wildstaudengärtnerei.  
  • Achten Sie auf verschiedene Blütezeiten. Mit der richtigen Vielfalt an Pflanzenarten blüht Ihr Balkon vom Frühjahr bis in den Spätherbst. Dadurch verlängern Sie das Nahrungsangebot. Für eine maximale Ausschöpfung können Sie die Pflanzen nach dem Abblühen zurückschneiden. Das erzeugt häufig eine zweite Blühte.  
  • Kletterpflanzen eignen sich zur Abschirmung oder als Wandbegrünung. Sie sorgen für ein besonderes Ambiente. Ihr Blätterdach dient als Ruheplatz und die Blütenpracht bietet reichlich Nahrung. Fassadenbegrünung mit Kletterpflanzen vergrössert die begrünte Fläche und verbindet den Balkon ökologisch mit Dach und/oder Boden. 
  • Pflanzen Sie möglichst viel. Je höher der Anteil Grün pro Fläche, desto besser. Auch Gemüse, Küchenkräuter und Zierblumen bieten Insekten und Vögeln etwas. Je vielfältiger, desto besser. Bevorzugen Sie Arten mit ungefüllten Blüten, weil sonst die Insekten leer ausgehen. Aber auch Ihre Lieblingspflanze sollte Platz finden! 
  • Verzichten Sie auf Pestizide, torfhaltige Erde sowie auf Bäume in Kübeln - sie werden gross und schwer. Hier finden Sie Tipps zum torffreien Gärtnern

Genuss für alle: Mit Kapuzinerkresse und Ringelblumen fördern Sie nicht nur die Biodiversität: die essbaren Blüten dekorieren Ihren Sommersalat. Auch Rosmarin und Thymian gelten als insektenfreundliche Balkonkräuter, und sind eine willkommene Nektarquelle, wenn Sie die Pflanzen blühen lassen.

 

Inspiration für Ihren Balkon

2. Planen Sie Ihren Biodiversitätsbalkon

    Planung

    • Platzangebot: Wie viel Raum gibt es für Pflanzen, wie viel Raum brauchen Sie für die Möblierung? Beziehen Sie die Vertikale mit ein, das vergrössert die Fläche (Hänge- und Kletterpflanzen). Pflanzengefässe können auf verschiedenen Ebenen aufgestellt oder aufgehängt werden – am Boden, erhöht auf Kisten, an Fassaden, auf Fenstersimsen, an Brüstungen. 
    • Traglast: Wenn Sie grosse Pflanztröge aufstellen wollen, müssen Sie die zulässigen Lasten für Balkon oder Terrasse klären. Grosse und schwere Gefässe sollten nahe an der Hauswand aufgestellt werden.  
    • Sicherheit: Kistchen, Töpfe und Kletterpflanzen, die aussen am Gebäude befestigt werden, müssen gute Halterungen haben. Töpfe auf Fenstersimsen und Brüstungen müssen immer gesichert sein. 
    • Einverständnis: Bevor an Fassaden oder Balkonbrüstungen Befestigungen angebracht werden, müssen Sie das Einverständnis des Eigentümers einholen.  

    Pflanzentöpfe Nathalie Leutenegger

    Topfwahl

    Bei der Topfwahl gibt es einige Kriterien zu beachten: 

    • Grösse: Wählen Sie möglichst grosse Pflanzengefässe. Je grösser der Topf, desto mehr Wasser kann er speichert. So trocknet die Pflanze weniger schnell aus.  
    • Wasserabzug: Verwenden Sie nur Töpfe mit Wasserabzugsloch. 
    • Untersetzer: Verwenden Sie für alle Töpfe Untersetzer. So sammeln Sie übergelaufenes Giess- und Regenwasser und schützen den darunter liegenden Balkon oder die Fassade.  
    • Material: Wählen Sie frostharte Pflanzengefässe. Wildpflanzen können den Winter draussen bleiben. 
    Hier eine Übersicht zu verschiedenen Materialien:
    • Holz: Holzgefässe bieten guten Schutz für Wurzeln vor Kälte und Hitze. Langlebige Holzgefässe sind aus Eiche, Lärche oder Robinie.  
    • Unglasierte Tontöpfe: Die Erde bleibt länger kühl, da durch die Poren Wasser verdunstet. Sie sind oft nicht frostfest und recht teuer. 
    • Glasierte Töpfe: Halten länger. Grosse Tontöpfe sind jedoch sehr schwer.  
    • Metall: Alte Kessel, Pfannen etc. können verwendet werden. Metall erhitzt sich stark, deshalb sind Metallgefässe vor allem für schattige Standorte geeignet.  
    • Faserzement (Eternit): Faserzement ist relativ leicht, beständig und frosthart. Dieses Material eignet sich vor allem für grosse Gefässe.  
    • Kunststoff: Kunststoffbehälter sind leicht und meist billig, aber nicht sehr langlebig. Es besteht die Gefahr des Hitzestaus für die Wurzeln. Wählen Sie deshalb hellfarbige Behälter aus Recycling-Kunststoff. 
    • Stein und Beton: Gefässe aus Stein und Beton sind sehr schwer und deshalb nicht für Balkone geeignet.  

    Pflanzenerde

    Sie konstruieren auf Ihrem Balkon einen künstlichen Lebensraum. Das bedeutet, dass sich die Pflanzen darin kein tiefgehendes Wurzelsystem aufbauen können. Sie können keine Nährstoffe und kein Wasser in tiefen Bodenschichten anzapfen. Daher müssen Sie ihnen ein nährstoffreiches Substrat bieten.  

    Es gibt spezielle Topfpflanzen- und Balkonerde. Wildpflanzen brauchen weniger nährstoffreichere Erde als Zierpflanzen. Bei Wildpflanzen können Sie dementsprechend die Erde mit etwas Sand oder Kies vermischen und sie so abmagern. 

    Pflanzenerde Nathalie Leutenegger

    3. Sumpfbeet/Miniteich

     Auch auf dem Balkon können Sie mit einem kleinen Sumpfbeet oder einem Miniteich einen naturnahen Lebensraum schaffen. Schon ein Untersetzer mit Steinen, Moos und aufgefüllt mit Wasser ist eine begehrte Wassertränke für diverse Insekten.  

    1. Ein wasserdichtes Pflanzgefäss wählen oder einen Topf mit Folie auskleiden.  
    2. Gartenerde ins Gefäss füllen. Für Sumpfpflanzen braucht es 15 cm, für Wasserpflanzen 25 cm Substrathöhe. 
    3. Passende Pflanzen einsetzen. Sumpfbeet: Sumpf-Schwertlilie, Bitteres Schaumkraut, Sumpf-Segge, Sumpf-Helmkraut. Wasserpflanzen: Staussblütiger Gilbweiderich, Fieberklee, Grosser Sumpf-Hahnenfuss, Echtes Pfeilkraut. 
    4. Mit einer Kiesschicht abdecken. 
    5. Wasser einfüllen: Wasserüberstand bei Sumpfpflanzen 0-10 cm, bei Wasserpflanzen mind. 10 cm. 

    Achtung: Ein Miniteich auf dem Balkon wird kein Lebensraum für Amphibien, aber einer für räuberische Wasserinsekten. Daher können Miniteiche auf dem Balkon zu Mückenbrutstätten werden. In einem Quartier, in dem Tigermücken gesichtet wurden, verzichten Sie besser auf einen Miniteich.

    5. Balkongarten pflegen  

    Gartenpflege Markus Spiske
    Im Frühling:  
    • Schneiden Sie alte Pflanzenstängel zurück, entfernen Sie das Laub. 
    • Geben Sie Kletterpflanzen sowie Pflanzen an schattigen Standorten jährlich ca. 3 cm unkrautfreien Kompost. Entfernen Sie dazu vorgängig die oberste Erdschicht aus dem Topf. Bei Pflanzen an sonnigen Standorten reicht es, alle 1-2 Jahre im Frühjahr ca. 1 cm Kompost zu geben. 
    • Wenn Wurzeln den ganzen Topf ausfüllen, setzen Sie die Pflanze in einen grösseren Topf oder verkleinern Sie den Wurzelballen, indem Sie mit einem Messer oder Spaten rundherum eine Wurzelschicht abnehmen. Die oberirdischen Teile müssen Sie ebenfalls zurückschneiden. Sie können die Pflanze auch teilen und mit neuer Erde wieder eintopfen. 
    Im Sommer:  
    • Schneiden Sie Mitte bis Ende Juni verblühte Stauden zurück. Das ermöglicht ein zweites Blühen.  
    • Düngen Sie die Pflanzen nach dem Rückschnitt mit Flüssigdünger wie z.B. Brennnesseljauche. 
    • Giessen Sie Ihre Töpfe regelmässig am Morgen oder am Abend. Übergiessen Sie die Pflanzen nicht bei Sonnenschein mit kaltem Wasser, dies kann zu Verbrennungen führen. 
    • Binden Sie hochwachsende und kletternde Pflanzen regelmässig hoch oder stützen Sie sie mit zusätzlichen Stäben oder Pflanzenhaltern.  
    • Entfernen Sie regelmässig eingeflogene Neophyten wie z.B. Berufkraut. Hier finden Sie Unterstützung bei der Identifizierung von Neophyten. 
    Im Herbst:  
    • Stellen Sie grössere Gefässe auf 3 cm dicke Holzlatten. Dies verhindert das Einfrieren des Wurzelballens und verlängert die Lebensdauer der Gefässe. Nicht winterharte Pflanzen überwintern Sie drinnen an einem hellen, kühlen Ort (5-10 °C).  

    Im Winter:  
    • Wildstauden müssen nicht vor Frost, sondern vor zu viel Verdunstung geschützt werden. Mit einer 2-3 cm dicken Mulchschicht aus Laub verhindern Sie das Austrocknen der Erde. Wenn es sehr kalt wird, können Sie heikle Pflanzen (z.B. mediterrane Küchenkräuter) und Töpfen mit Jute oder einem alten Bettlaken einwickeln. Bedenken Sie, dass immergrüne Pflanzen wie Rosmarin auch im Winter licht und etwas Wasser benötigen.  
    Wildbienen
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