«Ich mag den Umgang mit den Wildtieren»
Pro Natura Magazin: Wie kam es zu Ihrem Engagement für Wildvögel?
Martine Rhyn: Ich ging mit 60 frühzeitig in Pension und wollte mich nützlich machen. Das Thema Natur begleitet mich seit jeher: Unter anderem war ich bei Agroscope als Laborantin und kümmerte mich um Insektenzucht. Und Ornithologie hat mich schon immer interessiert. Die Entscheidung für das Vogelzentrum war also naheliegend.
Zusammen mit Ihrem Mann …
Ja, auch er ist gern in Kontakt mit der Natur. Und es ist schön, gemeinsam etwas zu tun. Ganz abgesehen davon, dass es uns auch körperlich fit hält. Mittlerweile gehören wir im Zentrum zu den ältesten Freiwilligen und helfen an drei Tagen pro Woche. Hat man sich einmal eingelassen, kommt man nicht mehr davon los!
Was gefällt Ihnen besonders?
Ich mag den Umgang mit den Wildtieren und freue mich, dass ich etwas für sie tun kann. Man weiss mit der Zeit immer mehr über die einzelnen Arten. Dass ich draussen arbeiten kann, ist für mich auch sehr wichtig. Und ich schätze die bereichernden Kontakte zu anderen Freiwilligen, die aus ganz unterschiedlichen Richtungen kommen.
Was ist weniger attraktiv?
Im Winter erhalten wir wenige neue Vögel und verbringen dann viel Zeit damit, die Vogelhäuser zu säubern, das Material aufzuräumen usw. Aber auch das kann befriedigend sein: Ich überlege gern, wie sich eine Voliere am besten einrichten lässt.
Können Sie uns von einem besonderen Erlebnis im Zentrum berichten?
Oh, da gibt es viele! Ich erinnere mich an das erste Käuzchen, das ich in den Händen hielt, kurz nachdem ich im Zentrum angefangen hatte. Damals konnte man noch Patenschaften für die Vögel übernehmen, und mein Mann und ich tauften den Kauz Charlotte. Zu unserer grossen Freude durften wir ihn später im Wald bei Jussy freilassen. Auch das eine Premiere für uns. Doch leider ging die Geschichte nicht gut aus ...
Wieso?
Charlotte war beringt. 14 Tage nach ihrer Freilassung wurde uns ein Waldkauz gebracht, der in einen Stacheldraht geraten und in sehr schlechtem Zustand war. Es war Charlotte. Wir mussten sie einschläfern. Das hat mich getroffen. Die meisten Vögel, die ins Zentrum kommen, haben sich durch menschliche Einflüsse verletzt, hauptsächlich durch Autos oder Fensterscheiben. Andere vergiften sich an Pflanzenschutzmitteln. Aber immerhin gelingt es, die Mehrheit zu retten. Letztes Jahr konnten wir etwa 60 Prozent unserer Greifvögel wieder in die Freiheit entlassen.
Erfahren Sie, was aus ihnen wird?
Nein, die Vögel, die wir betreuen, werden nicht mehr beringt. Es ist ein bisschen frustrierend, dass wir sie ins Ungewisse schicken müssen. Wir können nur hoffen, dass es ihnen gut geht!
TANIA ARAMAN, Redaktorin französischsprachige Ausgabe Pro Natura Magazin.
Weiterführende Informationen
Info
Dieser Artikel wurde im Pro Natura Magazin publiziert.
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