«Touristische Naturerlebnisse gibt es nur mit intakter Biodiversität»
Pro Natura Magazin: Warum sagen Sie als Vertreter der Tourismusbranche Ja zur Biodiversitätsinitiative?
Claudio Föhn: Für alle, die in der Schweiz Ferien machen, steht das Naturerlebnis im Vordergrund. Das zeigen verschiedene Gästebefragungen. Und um dieses Naturerlebnis weiterhin anbieten zu können, brauchen wir die Biodiversität. Nur wenn wir sie schützen, können wir die Attraktivität der Schweiz als Tourismusland erhalten. Positiv an der Initiative ist zudem, dass sie schutzwürdige Ortsbilder und Kulturdenkmäler bewahren möchte. Auch das ist für unsere Gäste attraktiv.
Der Tourismus kann durch eine intakte Biodiversität also nur gewinnen?
Ja, genau. Und wir unsererseits müssen naturnahe, sanfte Angebote schaffen, die das Naturerlebnis in den Vordergrund stellen. Mit geführten Themenwanderungen zum Beispiel zu Amphibien oder Kräutern oder auch mit Hilfseinsätzen wie dem Wiedervernässen von Moorlandschaften oder der Bekämpfung von Neophyten. Oder nehmen wir als Beispiel regional produzierte Lebensmittel. Diese sind für unsere Gäste attraktiv. Beim Wandern tagsüber sehen sie weidende Kühe und am Abend essen sie Käse, der aus der Milch dieser Kühe produziert wurde. Solche Naturerlebnisse gibt es aber nur mit einer intakten Biodiversität, denn sie ist die Basis für die Lebensmittelproduktion.
Der Verlust der Biodiversität ist also auch für den Tourismus ein Problem?
Ja. Ich denke hier beispielsweise auch an Wildtiere, die man nicht mehr beobachten kann, weil es sie nicht mehr gibt oder weil ihre Lebensräume verschwinden. So wie die Murmeli, die immer weiter in die Höhe flüchten müssen. Die Initiative fordert, mehr Flächen für die Biodiversität zu schützen. Wie müsste dies geschehen, damit auch der Tourismus profitiert? Wichtig ist für uns, dass diese Flächen weiterhin zugänglich sein müssen, auch wenn das nur ein Wanderweg ist. Das Naturerlebnis muss möglich bleiben. Dass das funktioniert, sehen wir am Schweizerischen National park. Man kann ihn durchwandern, muss aber auf den Wegen bleiben und es ist klar geregelt, was im Park gemacht werden darf und was nicht. Das klappt sehr gut, ganz nach dem Motto: nützen und schützen.
Hier in Arosa haben wir bereits zwei verschiedene Arten der touristischen Nutzung. Im Skigebiet rund ums Weisshorn einerseits gibt es bestehende Anlagen, die weiterhin fürs Skifahren genutzt werden müssen. Auf der anderen Seite haben wir sanften Tourismus. Beispielsweise beim Schiesshorn. Dort hat es Wanderer oder vielleicht auch mal einen Biker, aber keine touristische Infrastruktur. Darauf können wir aufbauen. Wichtig ist, dass wir im Dialog herausfinden, wo wir welche Art von Tourismus zulassen wollen. Dann profitieren alle.
BETTINA EPPER, Redaktionsleiterin Pro Natura Magazin.
Claudio Föhn ist seit 2022 bei Arosa Tourismus für die Umsetzung der destinationsweiten Nachhaltigkeitsstrategie Arosa 2030 zuständig. Ziel ist die nachhaltige Entwicklung des Tourismus, damit auch zukünftige Generationen reisen können. Als gutes Beispiel für das Engagement von Arosa Tourismus dienen die ersten Biodiversitätstage, die künftig jedes Jahr durchgeführt werden. Auf dem Programm der Veranstaltung, die eine Woche dauerte, standen Exkursionen, Vorträge und Workshops.
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Dieser Artikel wurde im Pro Natura Magazin publiziert.
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