Deutlich weniger Nutztierrisse auf Schweizer Alpen
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl Nutztierrisse durch Wölfe im Kanton Graubünden um fast 50 Prozent zurückgegangen. Während Ende September 2022 rund 500 Nutztierrisse zu verzeichnen waren, sind es dieses Jahr zum gleichen Zeitpunkt noch 261. Gleichzeitig sind auf Bündner Alpen rund 1000 Schafe und Ziegen an Krankheiten und Unfällen verendet. Im Wallis fallen die Schäden 15 Prozent tiefer aus, wobei 80 Prozent der Risse in völlig ungeschützten Herden erfolgten. Schweizweit blieb die Anzahl gesömmerter Schafe im Vergleich zum Vorjahr stabil. Seit 2020 nahm die Zahl des gesömmerten Kleinviehs in Kantonen mit Wolfsrudeln sogar markant zu (siehe Tabelle am Seitenende).
Herdenschutz und Wolfsregulierung müssen Hand in Hand gehen
Um die Jahrtausendwende wurden pro Wolf und Jahr rund 33 Schafe gerissen. Diese Zahl ist auf heute noch fünf Risse gesunken - ein weiterer Hinweis, dass der Herdenschutz wirkt, auch wenn er nicht alle Probleme löst. Auffällig ist der Rückgang der Schäden bei Rudeln, wo letztes Jahr absichtlich (Beverin GR) oder versehentlich (Moesola GR, Marchairuz VD) ein besonders schadenstiftender Leitrüde erlegt wurde. Diese Rudel sind kaum mehr negativ in Erscheinung getreten. Gezielte, zeitnahe Eingriffe gegen schadenstiftende Rudel, speziell Leittiere, können zu einem Rückgang der Schäden führen.
Auch präventive Eingriffe in den Wolfsbestand sind neu möglich und unbestritten. Das aktualisierte Jagdgesetz bietet dafür die richtigen Instrumente. Da auch Einzelwölfe in Gebieten ohne Herdenschutz Schäden anrichten können, kann diese Regulierung nur im Zusammenspiel mit flächig umgesetztem Herdenschutz funktionieren. Zu dessen effektiver Umsetzung ist von Seiten der Behörden bei der Vergabe von Unterstützungsgeldern künftig mehr Entgegenkommen und Rücksicht auf regionale Besonderheiten gefordert.
Abschusspläne ohne Faktenbasis
Der Entwurf der Jagdverordnung, die am 1. Dezember in Kraft treten soll, sieht vor, bis zu 70 Prozent des Schweizer Wolfsbestands auszulöschen. Die Verordnung entpuppt sich auch vor dem Hintergrund der aktuellen Risszahlen als Massnahme ohne Realitätsbezug und wildbiologische Basis.
Möglichkeiten zur Bestandsdezimierung beim Wolf bestehen. Es soll aber auch nach dem Willen des Parlaments nur bei drohendem Schaden oder Gefährdung eingegriffen werden. Gefragt sind jetzt Weitblick, Pragmatismus und Verantwortungsgefühl im Umgang mit der Präsenz Wolf, nicht blinder Aktionismus zugunsten vermeintlich einfacher Lösungen.
Kontakt:
- Pro Natura: Sara Wehrli, Verantwortliche Grosse Beutegreifer und Jagdpolitik, Tel. 061 317 92 08, @email
- Gruppe Wolf Schweiz: David Gerke, Geschäftsführer, Tel. 079 305 46 57, @email
- WWF Schweiz: Jonas Schmid, Mediensprecher Biodiversität, Tel. 079 241 60 57, @email
- BirdLife Schweiz: Jan Schudel, Projektleiter Politik, Tel. 044 457 70 42, @email
Weiterführende Informationen
Info
Gemeinsame Medienmitteilung von Pro Natura, WWF Schweiz, Gruppe Wolf Schweiz und BirdLife Schweiz