«Die Langsamkeit der Prozesse frustriert mich»
Pro Natura Magazin: Wie ist Ihr Engagement entstanden?
Giulia Tognola: Es hat mit den Klima- und Frauenstreiks von 2019 begonnen. Und ich erinnere mich, dass ich 2020 nach der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative total wütend war. Ich musste diese Emotionen kanalisieren. Es hatte keinen Sinn, allein in einer Ecke zu sitzen und mich aufzuregen. Also meldete ich mich bei den Jungen Grünen an.
- Fabian Biasio
Warum haben Sie sich für die Politik und nicht für den Aktivismus entschieden?
Das war naheliegend. Ich komme aus einer sehr politischen Familie, die in der Linken verankert ist. Aber ich verstehe die Vorgehensweise kämpferischer Bewegungen absolut. Es braucht enorm viel Mut, solche Aktionen durchzuführen. 2021 wurde ich für die Grünen in den Generalrat von Freiburg gewählt (Gemeindeparlament, Anm. der Redaktion). Ich dachte, nun würde ich die Welt verändern… bis ich mit der Realität des politischen Betriebs konfrontiert wurde.
Was heisst das?
Die Langsamkeit der Prozesse frustriert mich, vor allem wenn man sieht, wie dringend etwas passieren müsste. Ich zweifle zunehmend an der Effektivität unseres Föderalismus, wenn es darum geht, schnell auf schwerwiegende Probleme wie die Erderwärmung zu reagieren.
Haben Sie die Hoffnung verloren?
Nein, ich bin zwar manchmal frustriert, aber ich engagiere mich immer noch mit viel Elan. Besonders gefordert war ich während der eidgenössischen Wahlen 2023: Da hatte ich als Vizegeneralsekretärin der Jungen Grünen Schweiz sehr viel zu tun. Und sollte ich die Politik eines Tages verlassen, dann werde ich wohl im gemeinnützigen Bereich aktiv. Ich finde sicher immer einen Weg, mich zu engagieren.
Sie studieren Politikwissenschaft: Welche berufliche Laufbahn streben Sie an?
Das weiss ich noch nicht genau. Vielleicht mache ich in Basel einen Master über gesellschaftliche Veränderungen in Zusammenhang mit Migration, Konflikten und Mittelverteilung. Die Migrationsfragen sind für mich von besonderem Interesse, auch weil sie teilweise mit der Klimakrise zu tun haben. Aus meiner Sicht müssen ökologische Lösungen immer sozial sein, also mit einer gerechteren Verteilung des Wohlstands einhergehen. ta
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Dieser Artikel wurde im Pro Natura Magazin publiziert.
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